Die Teilnahme an Jugend- und Junioren-WM und nicht das Resultat relevant im Biathlonweltcup
Von Matthias Graf
Diese Studie untersuchte den Zusammenhang der Ergebnisse aus Jugend- und Junioren-WM und der späteren Weltcupleistung. Obwohl viele Athlet*innen an diesen Weltmeisterschaften teilgenommen haben, ist der Zusammenhang der Junioren- zur Seniorenleistung gering. Die Platzierung bei YWM/JWM hatte keinen Zusammenhang zur späteren Weltcupplatzierung. Dahingegen erhöht ein frühes Erreichen des Meilensteins einer Top 15 Platzierung im Weltcup die Wahrscheinlichkeit zum Erreichen der höchsten Leistungsklasse (Top 6). Athlet*innen aus der Top 6 Leistungsklasse erreichen weitere Meilensteine wie die ersten Punkte, Top 15 und das Podest in früherem Alter als tiefere Leistungsklassen.

Eine Weltcupanalyse der letzten 10 Jahre mit zeitlichen Meilensteinen der Karriere
- Die Teilnahme und nicht die Platzierung an der YWM/JWM ist entscheidend
- Frühere Top 15 Platzierungen erhöhen die Chancen auf die Leistungsklasse der Top 6 im Weltcup
- Keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern
Einleitung
Im Biathlon gibt es die Juniorenklasse (20-22 Jahre) und die Jugendklasse (16-19 Jahre) in welchen jedes Jahr Jugend- (YWM) und Juniorenweltmeisterschaften (JWM) ausgetragen werden. Diese Studie untersuchte den Zusammenhang der Weltcupkarriere mit den Ergebnissen der Jugend- und Juniorenweltmeisterschaften. Eine frühzeitige Spezialisierung im Spitzensport wird häufig kontrovers diskutiert und der Zusammenhang zwischen Junioren- und Seniorenleistung ist nicht eindeutig. Eine Meta-Analyse berichtete z.B., dass die Leistung im Juniorenalter lediglich 2.2 % der Seniorenleistung erklären kann [2]. Auf der anderen Seite konnte im Kampfsport gezeigt werden, dass 60 % der JWM Medaillengewinner*innen auch internationale Medaillen im Seniorenbereich gewinnen konnten [4]. Deswegen sollte mit dieser Studie untersucht werden, ob das Ergebnis einer YWM/JWM mit der Weltcupleistung im Biathlon zusammenhängt. Das zweite Ziel war, herauszufinden, wie das Alter beim ersten Erreichen definierter Meilensteine mit der späteren Weltcupleistung zusammenhängt.
Methoden
Untersucht wurden die Weltcupjahre 2013/14 bis zur Saison 2022/2023. Alle Athlet*innen, die es in diesen Jahren in die Top-30 im Weltcup geschafft haben, wurden in die Analyse aufgenommen. Diese Athlet*innen wurden in drei Leistungsklassen, basierend auf dem Karrierebestresultat, eingeteilt. Die Klassen waren:
- Rang 1-6 (WC6)
- Rang 7-15 (WC15)
- Rang 16-30 (WC30)
Zusätzlich wurden Ergebnisse aus YWM und JWM notiert und ebenfalls hier in die Klassen Teilnahme, Top 15, Top 6 und Top 3 eingeteilt. Zudem wurde das Alter für das IBU-Cup und Welt-Cup, sowie für die Meilensteine im Weltcup Top 40, Top 15, Top 6 und Top 3 notiert.
Ergebnisse
Leistungsklassen
Insgesamt 180 Biathlet*innen waren in diesen Saisonen mindestens einmal unter den ersten 30 (82 Männer & 98 Frauen). In die spezifischen Leistungsklassen waren 24 Männer und 25 Frauen in WC6, 25 Männer und 23 Frauen in WC15 und 33 Männer sowie 50 Frauen in WC30 welche mindestens einmal ein solches Ergebnis erreichen konnten.
YWM & JWM
114 (63.3 %) der Weltcupathlet*innen nahmen an der YWM und 155 (86.1 %) an der JWM teil. 44 (24.4 %) dieser Athlet*innen haben eine Jugend-WM Medaille und 68 (37.8 %) eine Junioren-WM Medaille gewonnen. Die Einteilung in die Leistungsklassen war jedoch nicht mit dem besten Ergebnis aus YWM und JWM assoziiert. Im Schnitt schafften Männer bei der Junioren-WM ein besseres Ergebnis als die analysierten Frauen (5.6 vs. 7.9). Dieser Unterschied besteht nicht bei der Jugend-WM.
Meilensteine
Die Leistungsklasse WC6 debütierte früher im IBU-Cup als die Leistungsklasse WC30 und erreichte die weiteren Meilensteine im Weltcup früher als die Leistungsklassen WC15 und WC30. Sowohl für Frauen als auch für Männer war der Meilenstein von Top 6 mit dem Alter der ersten Top 15 Platzierung assoziiert. Keine weiteren Assoziationen konnten für Meilensteine oder das Geschlecht gefunden werden.
Diskussion
Diese Studie konnte zeigen, dass 63 % und 86 % der Top 30 Athlet*innen an der YWM respektive JWM teilgenommen haben. Die entsprechende Platzierung bei diesen Weltmeisterschaften hatte jedoch keinen Zusammenhang zur Leistungsklasse im Weltcup. Dementsprechend kann ein Ergebnis bei der YWM/JWM eine spätere Weltcupleistung nicht vorhersagen. Die Qualifikation zur JWM stellt jedoch ein erforderliches Niveau dar, um später im Seniorenbereich konkurrenzfähig zu werden. Um dieses Niveau zu erreichen, sollte in den frühen 20er Jahren zudem der Fokus auf die Entwicklung und das Training und nicht auf die Platzierung bei der WM gelegt werden. Bei späteren Topathlet*innen konnte gezeigt werden, dass eine breite Multisportausbildung im Jugendalter zusammen mit einer späten Spezialisierung ein wichtiger Erfolgsfaktor ist [1, 3]. Diese Beobachtung deckt sich mit der Entwicklung einer der erfolgreichsten weiblichen Biathletin, welche sich erst spät (18 Jahre) vollkommen auf Biathlon fokussierte [6]. Studien aus dem Skilanglauf und Biathlon konnten zeigen, dass in diesem Alter das jährliche Trainingsvolumen um 20-40 Stunden pro Jahr gesteigert werden sollte [6] und Topsportler*innen außerdem dieses im späten Juniorenalter stärker steigen konnten als ihre nicht erfolgreichen Vergleichsathlet*innen [5].
Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Leistungsklasse WC6 alle Meilensteine der Karriere früher als die anderen Leistungsklassen erreicht hat und ein junges Alter für die erste Top 15 Platzierung im Weltcup mit dieser Leistungsklasse zusammenhängt. Durch ein frühes Weltcupdebüt haben die Athlet*innen frühzeitig die Chance, das Wettkampfniveau im Weltcup zu erfahren um im anschließenden Training konsequent an diesen Baustellen arbeiten zu können.
Aus Trainerperspektive sollten die Junior*innen progressiv bei der Entwicklung unterstützt werden und der Trainingsfokus auf Steigerung des Trainingsvolumens und -qualität gelegt werden. Für die Kaderzusammenstellung sollten Entwicklungsmöglichkeiten den Ergebnissen der JWM vorgezogen werden.
Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Participation but not success in youth and junior World Championships is important for overall ranking in the biathlon World Cup during adult age." die 2024 im „Frontiers in Sports and Active Living" veröffentlicht wurde.
Quellen
Malin Jonsson Kårström. 2024. Participation but not success in youth and junior World Championships is important for overall ranking in the biathlon World Cup during adult age. Front. Sports Act. Living 6, 1507146. DOI: https://doi.org/10.3389/fspor.2024.1507146.
[1] Michael Barth, Arne Güllich, Brooke N. Macnamara, and David Z. Hambrick. 2022. Predictors of Junior Versus Senior Elite Performance are Opposite: A Systematic Review and Meta-Analysis of Participation Patterns. Sports Med 52, 6, 1399–1416. DOI: doi.org/10.1007/s40279-021-01625-4.
[2] Michael Barth, Arne Güllich, Brooke N. Macnamara, and David Z. Hambrick. 2024. Quantifying the Extent to Which Junior Performance Predicts Senior Performance in Olympic Sports: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Med 54, 1, 95–104. DOI: doi.org/10.1007/s40279-023-01906-0.
[3] Arne Güllich, Brooke N. Macnamara, and David Z. Hambrick. 2022. What Makes a Champion? Early Multidisciplinary Practice, Not Early Specialization, Predicts World-Class Performance. Perspectives on psychological science : a journal of the Association for Psychological Science 17, 1, 6–29. DOI: doi.org/10.1177/1745691620974772.
[4] Pingwei Li, Veerle de Bosscher, Johan Pion, Juanita R. Weissensteiner, and Jikkemien Vertonghen. 2018. Is international junior success a reliable predictor for international senior success in elite combat sports? European journal of sport science 18, 4, 550–559. DOI: doi.org/10.1080/17461391.2018.1439104.
[5] K. Moesch, A-M Elbe, M-L T. Hauge, and J. M. Wikman. 2011. Late specialization: the key to success in centimeters, grams, or seconds (cgs) sports. Scandinavian journal of medicine & science in sports 21, 6, e282-90. DOI: doi.org/10.1111/j.1600-0838.2010.01280.x.
[6] Guro S. Solli, Andrine H. Flom, and Rune K. Talsnes. 2023. Long-term development of performance, physiological, and training characteristics in a world-class female biathlete. Frontiers in Sports and Active Living 5, 1197793. DOI: doi.org/10.3389/fspor.2023.1197793.
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