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Studie

Die Jugend im Mittelpunkt: Welcher Test gibt die beste Vorhersage über die Wettkampfleistung im Skilanglauf?

Von Mira Fischer

Im Alter von 10-16 Jahren durchlaufen Jugendliche bedeutende körperliche Veränderungen, die sich auf ihre Entwicklung und Leistungsfähigkeit, auch im Langlauf auswirken. Um eine gesunde und nachhaltige Förderung aufstrebender Nachwuchssportlerinnen und -sportler zu gewährleisten, sollte sowohl im Training als auch in der zielgerichteten Diagnostik der Entwicklungsstand und die physiologischen Veränderungen berücksichtigt werden. Doch welche Testverfahren eignen sich am besten, um die Wettkampfleistung von Jugendlichen im Langlauf zu analysieren?

Die vorliegende Studie untersuchte erstmals verschiedene Langlauf-Leistungstests und einen Maximalkrafttest unter Berücksichtigung von Alter, Entwicklungsstand und anthropometrischen Daten, um geeignete Diagnostikverfahren sowohl für Jungen als auch Mädchen (n=58) zu identifizieren.

Die Ergebnisse zeigten keine Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Kurzstreckentests erwiesen sich als geeignete Methoden zur Leistungsbewertung.

Welcher Leistungstest eignet sich für das Kinder- und Jugendalter?

  • Mädchen und Jungen zeigen keine geschlechtsbedingten Unterschiede in den Wettkampfleistungen.
  • Skilanglauf-Sprinttests eignen sich zur Leistungsbestimmung bei Kindern und Jugendlichen.
  • Die Maximalkrafttestung an der Latzug-Maschine sollte nicht zur Bestimmung der Langlaufleistung herangezogen werden.
  • Bei Jungen ist ein Test über 40 m bergauf in der Skating 2-1 Technik vorzuziehen.
  • Bei Mädchen bietet der Test in freier Skating Technik (flach) über 50 m die beste Vorhersage über die Wettkampfleistung.

Hintergrund

Um Kinder und Jugendliche nachhaltig zu fördern und eine lange Sportkarriere zu ermöglichen, ist die breitgefächerte Schulung von sportmotorischen und technischen Fähig- und Fertigkeiten mit einer späten Spezialisierung von Vorteil, denn eine frühe Spezialisierung kann mit einem schnelleren Karriereende einhergehen [1].

Bei Erwachsenen nehmen die maximale Geschwindigkeit, Explosivität, Maximalkraft und Ausdauerleistung entscheidend Einfluss auf die Langlaufleistung. Doch gilt dies auch für die Nachwuchssportlerinnen und -sportler? Welche Tests sind am besten geeignet, um im Kindes- und Jugendalter die Leistungsfähigkeit und die Wettkampfleistung abzubilden?

Die vorliegende Studie geht dieser Frage nach, denn Kinder und Jugendliche wurden in bisherigen Studien kaum berücksichtigt, sodass wenig Wissen über geeignete Messmethoden vorhanden ist. Unter Berücksichtigung anthropometrischer Daten (wie Körpergröße, Gewicht, Hautfaltenmessung) und des Entwicklungsstands wird untersucht, welche Langlauftests sich zur Bestimmung der Wettkampfleistung bei Jugendlichen eignen.

Methode

Es wurden 58 Teilnehmer*innen (36 Jungen; 12.88 ± 1.19 J., 22 Mädchen: 12.79 ± 1.09 J.) in die Studie eingeschlossen. Sie besuchten entweder eine Sportschule für Skilanglauf, oder waren Mitglied eines regionalen Skilanglaufteams und hatten mindestens 2 Jahre Erfahrung im Training und Wettkampf des Skilauflanglaufs.

Es wurden anthropometrische Daten (Hautfaltenmessung, Gewicht, Alter, Körpergröße) und die Maximalkraft an der Latzug-Maschine bestimmt. Fünf Tage später wurden sieben verschiedene Tests auf Langlaufski mit jeweils drei Versuchen durchgeführt. Der beste Versuch wurde gewertet. Zwei Wochen später wurden zwei Wettkämpfe absolviert. Die Wettkampfergebnisse wurden mit den Ergebnissen der Langlauftests sowie den anthropometrischen Daten in Beziehung gesetzt. Auf Grundlage dieser Daten wurden geeignete Testverfahren abgeleitet.

Folgende Leistungstests wurden herangezogen:

  1. Skilanglauf-Sprint 50 m (flach, gerade):
    a) Doppelstockschub (DP)
    b) Freie Technik
    c) Schlittschuhschritt
  2. Skilanglauf-Sprint (bergauf)
    a) 30 m DP
    b) 40 m Skating 2-1
  3. Maximalkrafttest-Latzug: Erfassung der Maximalkraft des Oberkörpers

 

Nach diesen Leistungstests wurden zwei Wettkämpfe ausgetragen, um die Ergebnisse mit den Leistungen aus den Tests zu vergleichen. Der erste, in klassischer Technik wurde auf 1,160 m in variierendem Gelände durchgeführt. Weiterhin wurde ein 3.000 m Skating-Wettbewerb mit Hindernis- und Geschicklichkeitsparcours durchgeführt. Dieser erforderte den variablen Einsatz verschiedener Langlauftechniken, angepasst an die Strecke. Der Parcours umfasste Steigungen, drei Wellen, Skitore, einen Slalom, eine Schanze und vier Riesenslalomtore.

Ergebnisse

Geschwindigkeit: Die Distanzen und Zeiten der Wettkämpfe auf 3000 m Skating und 1160 m in klassischer Technik unterschieden sich nicht zwischen den Geschlechtern.

Anthropometrie, Alter, Entwicklungsstand, Maximalkraft: Geringe bis mittlere Zusammenhänge wurden bei beiden Geschlechtern zwischen Körpergröße, Sitzhöhe, Entwicklungsstand und der Wettkampfleistung festgestellt. Der Maximalkrafttest sagte die Wettkampfleistung unzutreffend vorher. Ein moderater negativer Zusammenhang wurde bei Mädchen zwischen Maximalkraft und Langlaufleistung festgestellt, wonach eine höhere Maximalkraft mit einer schlechteren Langlaufleistung und umgekehrt einhergehen könnte.

Langlauftests: Die Sprints wiesen große Zusammenhänge, auch unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes mit der Wettkampfleistung der Teilnehmer*innen auf. Die Ergebnisse werden in Tabelle 1 dargestellt. Insbesondere das Skating 2-1 auf 40 m bergauf und das freie Skating über 50 m wurden als geeignete Verfahren identifiziert.

Bei den Mädchen wurden keine ausreichenden Zusammenhänge zur Wettkampfleistung bei dem Test über 50 m Schlittschuhschritt und bei den Jungen beim Test über 30 m Doppelstock ausgemacht.

Tabelle 1: Zusammenfassung der Eignung der Sprinttests zur Vorhersage der Wettkampfleistung bei Jungen und Mädchen

Diskussion

Die Studie stellte mit Ausnahme der Hautfaltenmessung keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in den anthropometrischen Daten und den Wettkampfzeiten fest.

Skilanglauf-Sprints stellen geeignete Verfahren zur Leistungserkennung im Kindes- und Jugendalter dar. Insbesondere die Kurzstreckentests mit hoher Geschwindigkeit (z.B. Skating 2-1 über 40 m bergauf, DP 30 m bergauf, freies Skating 50 m, DP 50 m (flach), und Schlittschuhschritt 50 m (bei Jungen)) erwiesen sich als probate Methoden zur Leistungsbestimmung bei Mädchen und Jungen im Alter von 12-14 Jahren. Die Studienergebnisse decken sich mit Erkenntnissen aus dem Erwachsenenalter. Hierbei werden Sprinttests im Doppelstock zur Leistungsvorhersage für 1100 m in selber Technik herangezogen [6, 7]. Auch die Maximalgeschwindigkeit im Doppelstock und beim klassischen Diagnonalschrittkann Aufschluss über die Leistung bei einem klassisch gelaufenen Sprint liefern (Laufband Simulation, [7]). Außerdem ist die Maximalgeschwindigkeit beim Skating 1-1 ein Prädiktor für die Sprintleistung und unterscheidet Weltklasseathleten von Nationalsportlern. Die maximale Beschleunigung und die Maximalkraft erlauben hingegen keine Differenzierung.[4].

Letzteres zeigte sich auch in der vorliegenden Studie, bei der sich die Maximalkraft im Latziehen nicht als passendes Maß zur Leistungserkennung im Langlauf herausstellte. Demgegenüber gibt es Studien in denen schnellere Langläufer im Erwachsenenalter höhere Maximalkraftwerte oder höhere Leistungen im submaximalen Kraftbereich beim Bankdrücken, Klimmzug und Latzug aufweisen [2, 3, 5]. Diese höheren Werte haben sowohl Einfluss auf die maximale Geschwindigkeit beim klassischen Skilanglauf als auch beim Doppelstock. Bei Jugendlichen ist dieser Einfluss in dieser Studie jedoch nicht nachgewiesen worden. Die Autoren schlussfolgern, dass das Zusammenspiel von Koordination, Aufrechterhaltung von Körperspannung und Gleichgewicht, sowie die Fähigkeit in Abhängigkeit des Geländes die Technik zu variieren, im Jugendalter eine größere Rolle als die Maximalkraft spielt.

Fazit für die Praxis

In den Wettkampf- und Leistungsergebnissen wurden keine geschlechterbedingten Unterschiede festgestellt. Nur in der Hautfaltenmessung gab es Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Sprinttests auf dem Schnee eignen sich, um bei Jugendlichen die Wettkampfleistung vorauszusagen. Bei der Wahl der Messmethode sollte das Geschlecht, trotz vergleichbarer Wettkampfleistungen berücksichtigt werden: Am besten geeignet ist bei Jungen der Test über 40 m bergauf in der Skating 2-1 Technik und bei Mädchen der Test für das freie Skating (flach) über 50 m. Bei Jungen sollte auf einen Test in 30 m DP-Technik und bei Mädchen im Schlittschuhschritt auf 50 m verzichtet werden. Der Maximalkrafttest mittels Latzug stellt kein geeignetes Verfahren dar.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Technique and maximal skiing speed for youth cross-country skiing performance." die 2023 im „Frontiers in sports and active living" veröffentlicht wurde.

Quellen

Stöggl, Roland; Müller, Erich; Stöggl, Thomas (2023): Technique and maximal skiing speed for youth cross-country skiing performance. In: Frontiers in sports and active living 5, S. 1133777. DOI: 10.3389/fspor.2023.1133777

  1. Côté, J., Lidor, R., and Hackfort, D. 2009. ISSP position stand: To sample or to specialize? Seven postulates about youth sport activities that lead to continued participation and elite performance. International Journal of Sport and Exercise Psychology 7, 1, 7–17.
  2. Losnegard, T., Mikkelsen, K., Rønnestad, B. R., Hallén, J., Rud, B., and Raastad, T. 2011. The effect of heavy strength training on muscle mass and physical performance in elite cross country skiers. Scandinavian journal of medicine & science in sports 21, 3, 389–401.
  3. Mikkola, J., Laaksonen, M., Holmberg, H.-C., Vesterinen, V., and Nummela, A. 2010. Determinants of a simulated cross-country skiing sprint competition using V2 skating technique on roller skis. Journal of strength and conditioning research 24, 4, 920–928.
  4. Sandbakk, Ø., Holmberg, H.-C., Leirdal, S., and Ettema, G. 2011. The physiology of world-class sprint skiers. Scandinavian journal of medicine & science in sports 21, 6, e9-16.
  5. Stöggl, T. and Holmberg, H.-C. 2011. Force interaction and 3D pole movement in double poling. Scandinavian journal of medicine & science in sports 21, 6, e393-404.
  6. Stöggl, T., Lindinger, S., and Müller, E. 2006. Reliability and validity of test concepts for the cross-country skiing sprint. Medicine and science in sports and exercise 38, 3, 586–591.
  7. Stöggl, T., Lindinger, S., and Müller, E. 2007. Evaluation of an upper-body strength test for the cross-country skiing sprint. Medicine and science in sports and exercise 39, 7, 1160–1169.
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