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Studie

Die Kunst der Trainingsqualität: Trainierst du nur, oder verbesserst du dich auch?

Von Daniel Appelhans

Hast du dich jemals gefragt, was die besten Athleten der Welt im Training tun, um ihre außergewöhnlichen Leistungen zu erzielen? Ein Teil der Antwort liegt in der Trainingsqualität, ein nicht unbekannter Faktor, der aber inhaltlich in Forschung und Praxis oft nicht eindeutig ist.

Nach Meinung von Sandbakk und Kollegen umfasst die Trainingsqualität sowohl den ganzheitlichen Trainingsprozess (Trainingsperiodisierung, Trainingsumfeld etc.), als auch die spezifischen Trainingseinheiten. Im ganzheitlichen Trainingsprozess spielen vor allem Trainer eine wichtige Rolle. Durch Fachwissen, Erfahrungen und pädagogische Fähigkeiten müssen sie kompetente Trainingsplaner auf der einen, und vertrauensvolle Bezugsperson auf der anderen Seite sein. Die spezifische Trainingseinheit liegt hingegen vor allem in der Verantwortung der Athleten. Es geht um die richtige Vorbereitung, die Art und Weise der Trainingsdurchführung und das Verhalten nach den Trainingseinheiten. Eigenverantwortung, Motivation und Trainingsintelligenz sind dabei entscheidende Faktoren.

Die Trainingsqualität kann durch einen kreisläufigen Lernprozess verbessert werden. Trainer- und Athlet legen gemeinsame Ziele fest und die kontinuierliche Abfolge von Planung, Durchführung und Evaluation bei jeder einzelnen Trainingseinheit ist darauf ausgerichtet diese Ziele zu erreichen.

Wie Athleten und Trainer die Trainingsqualität steigern können

  • Trainingsqualität sollte in zwei Bereiche unterteilt werden: Ganzheitlicher Trainingsprozess & spezifische Trainingseinheit
  • Zum ganzheitlichen Trainingsprozess gehört z.B. die Trainingsplanung oder das Trainingsumfeld und für diesen Bereich ist vor allem der Trainer verantwortlich
  • Die spezifische Trainingseinheit umfasst neben der Durchführung auch die Vor- und Nachbereitung und liegt größtenteils in der Verantwortung der Athleten
  • Der Lernprozess zur Verbesserung der Trainingsqualität beinhaltet die kontinuierliche Abfolge von Planung, Durchführung und Evaluation

Hintergrund

Aus sportwissenschaftlicher Sicht ist gut untersucht, was die besten Athleten der Welt trainieren. Das „wie“ hingegen, also die Definition von Trainingsqualität, die zugrundeliegenden Faktoren und Strategien zur Verbesserung sind bislang wenig erforscht. Daher war es das Ziel von Silvana Sandbakk und ihren Kollegen 1) das Konzept der Trainingsqualität zu erklären und 2) vorzuschlagen, wie Sportler- und Trainer an der Verbesserung der Trainingsqualität arbeiten können.

Was ist Trainingsqualität?

Trainingsqualität kann nach Meinung der Autoren in zwei Bereiche unterteilt werden:

Qualität des ganzheitlichen Trainingsprozesses

Ist die langfristige Entwicklung der sportartspezifischen Fähigkeiten durch Anwendung von individuell benötigten Trainingsprinzipien/Methoden.

Qualität der spezifischen Trainingseinheit

Beschreibt die Fähigkeit, alle Einflussfaktoren auf die Durchführung des Trainings so zu managen, dass der beabsichtigte Zweck der Einheit bestmöglich erfüllt wird.

Diese beiden Bereiche sind aber nicht eigenständig, sondern hängen voneinander ab. Um die Qualität der spezifischen Einheit zu gewährleisten, muss z.B. die langfristige Trainingsperiodisierung als Teil des ganzheitlichen Trainingsprozesses so gestaltet werden, dass auch die Qualität der spezifischen Einheit aufrechterhalten werden kann.

Die Trainingsqualität kann also daran gemessen werden, wie gut die Umsetzung des gesamten Trainingsprozesses und der einzelnen Trainingseinheiten im Vergleich zu den angestrebten Zielen ist. Eine optimale Kombination ist Voraussetzung, um eine hohe Trainingsqualität zu erreichen und die Gesamtleistung zu verbessern.

Welche Faktoren beeinflussen die Trainingsqualität?

Die Qualität des Trainingsprozesses und der Trainingseinheiten wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Dazu zählen die Trainingsbelastung und –Erholung, die Fähigkeiten und Erfahrungen von Athlet- und Trainer, die Trainingskollegen, das unterstützende Personal, die Trainingsumgebung und -einrichtungen und das eigene Wohlbefinden (im Privat- und Berufsleben).

Obwohl grundsätzlich sowohl Trainer-, als auch Athleten Verantwortung für die Trainingsqualität in allen Bereichen tragen, so können hinsichtlich des Trainingsprozesses und der Trainingseinheit Schwerpunkte zugeordnet werden.

Schwerpunkt Athleten: Trainingseinheit

Eine hohe Trainingsqualität innerhalb der Trainingseinheit wird hauptsächlich direkt durch die Athleten erreicht, indem u.a. auf folgende Punkte geachtet wird:

  • eine optimale Vorbereitung (ausreichend Schlaf, gezielte Ernährung, richtige Aufwärmroutinen usw.)
  • Art und Weise der Trainingsdurchführung (Fokus, Intensitätskontrolle, Umsetzung von Feedback usw.)
  • Verhalten nach den Trainingseinheiten (Reflektion, Routinen nach dem Training, Erholungsmaßnahmen usw.)

Die korrekte Umsetzung dieser Punkte erfordert ein hohes Maß an Eigenverantwortung für den Trainingsprozess, Motivation, Hingabe, Entschlossenheit und Trainingsintelligenz.

Schwerpunkt Trainer: Trainingsprozess

Der ganzheitliche Trainingsprozess stellt den Rahmen der einzelnen Trainingseinheit dar. Aufgaben die den Trainern in diesem Prozess zukommen sind zum Beispiel die Steuerung effektiver Zielsetzungsprozesse, die Entwicklung von Trainingsplänen, die Organisation des Trainings und die optimale Anwendung von Trainingsprinzipien. Umfassendes Fachwissen, Erfahrung und pädagogische Fähigkeiten bilden dabei die Grundlage diese Aufgaben zu erfüllen und stärken das Vertrauen der Athleten in ihre Trainer.

Ein weiteres Beispiel für einen wichtigen Einflussfaktor im ganzheitlichen Trainingsprozess ist das Trainingsumfeld. Ein Umfeld das durch hohe Motivation, ein hohes Level an Bereitschaft und Geborgenheit geprägt ist, wird voraussichtlich dazu beitragen, dass eine hohe Trainingsqualität erreicht wird. Der zentrale Aspekt eines positiven Trainingsumfelds ist dabei die Trainer-Athletenbeziehung. Hier hat der Trainer durch seine Handlungen gegenüber dem Athleten einen großen Einfluss und kann die Beziehung positiv beeinflussen.

Kann Trainingsqualität gemessen werden?

Bislang fehlt im wissenschaftlichen Zusammenhang eine geeignete Methode, um die Trainingsqualität zu messen. Aus Sicht der Autoren sollte ein Mix aus physiologischen und psychologischen Parametern verwendet werden. Konkrete Beispiele umfassen external-objektive (Distanz, Leistung etc.), internal-objektive (HF, Laktat etc.) und internal-subjektive (RPE etc.) Parameter (Abbildung 1). Bei den internal-subjektiven Parametern ist zu beachten, dass subjektive Einschätzungen durch unterschiedlichste Dinge beeinflusst werden können und dass dies bei der Auswertung berücksichtig werden muss.

Entscheidend ist, dass die Parameter immer hinsichtlich des Unterschieds zwischen der geplanten und der tatsächlichen Werte beurteilt werden. Also wie ist z.B. die Differenz zwischen der geplanten und tatsächlichen Herzfrequenz oder Geschwindigkeit. Die Trainingsqualität muss immer unter Berücksichtigung des spezifischen Ziels des Trainingsprozesses und der Trainingseinheit beurteilt werden.

Um diesen Abgleich zwischen Plan und Wirklichkeit gewährleisten zu können, ist eine detailliert Trainingsdokumentation unabdingbar. Dazu gehört das Aufzeichnen der physiologischen und Leistungsparameter während der Einheit ebenso wie die Dokumentation der subjektiven Empfindungen im Nachhinein (Wie hart war die Einheit? Wie habe ich mich gefühlt? Gab es Besonderheiten?). Die Trainingsdatendokumentation gibt den Sportlern und Trainern die Möglichkeit, jede Trainingseinheit zu reflektieren und damit die Trainingsqualität einzuschätzen und nachfolgende Trainingseinheiten anzupassen. Für die konsequente Umsetzung dieser Dokumentation sind hauptsächlich die Athleten verantwortlich. Die Trainer sollten diese Dokumentation fordern und aktiv unterstützen, da es auch für sie ein wichtiges Tool ist, um Trainingsplanung und Umsetzung miteinander vergleichen zu können.

Wie kann eine hohe Trainingsqualität entwickelt werden?

Um eine hohe Trainingsqualität zu erreichen, sollten Trainer und Athlet wissen, was Trainingsqualität bedeutet und ständig daran arbeiten diese zu verbessern. In einem kontinuierlichen Prozess kann rund um jede Trainingseinheit die Qualität des gesamten Trainingsprozesses gesteigert werden (Abbildung 1). Dabei ist es wichtig, dass sich die Planung und Evaluation immer an dem beabsichtigten Ziel der einzelnen Einheit und der jeweiligen Trainingsphase orientiert. Diese Ziele und die Parameter, mit denen die Erfüllung quantifiziert werden kann, werden von Trainer und Athlet gemeinsam festgelegt. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass die Entwicklung der Trainingsqualität zielgerichtet stattfindet und somit auch zu einer Verbesserung der Leistung beiträgt.

Zusammenfassung

Leistungsentwicklung ohne eine hohe Trainingsqualität ist nahezu unmöglich. Der Begriff ist inhaltlich aber recht schwammig und welche Anforderungen damit verbunden sind, ist unklar. Nach Meinung der Autoren benötigen Trainer umfassendes Wissen rund um den Trainingsprozess, während Athleten die Qualität jeder einzelnen Trainingseinheit gewährleisten sollten. Die besten Athleten streben danach sich stetig zu verbessern und die besten Trainer schaffen es ihre Athleten so zu fordern und lenken, dass die Trainingsqualität steigt – ein natürlicher Lernprozess der durch die kontinuierliche Abfolge der drei Schritte, Planung, Durchführung und Evaluation gekennzeichnet ist.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie " Training Quality—What Is It and How Can We Improve It?" die 2023 im „International Journal of Sports Physiology and Performance" veröffentlicht wurde.

Quellen

Sandbakk, S. B., Walther, J., Solli, G. S., Tønnessen, E., & Haugen, T. (2023). Training Quality—What Is It and How Can We Improve It? International Journal of Sports Physiology and Performance, 1–4. doi:10.1123/ijspp.2022-0484