Die optimale Klassiktechnik am Anstieg
Von Matthias Graf
Die diagonale Lauftechnik konnte die beste Leistung im Timetrial am Anstieg und höchste VO2peak erzielen. Zudem zeichnet die diagonale Lauftechnik eine bessere Bewegungsökonomie im submaximalen Bereich verglichen mit DP-up und DP-flat aus. Bei der maximalen Sauerstoffaufnahme unterscheiden sich DP-up und DP-flat nicht, wobei bei DP-up die Schubzeiten länger und das maximal akkumulierte Sauerstoffdefizit höher sind. Für eine gute Zeitfahrleistung sind bei der diagonalen Klassiktechnik die VO2peak entscheidend und für das Doppelstockschieben die submaximale Bewegungsökonomie.
Ein Vergleich der Subtechniken aus physiologischer und biomechanischer Sichtweise
- Am Anstieg wurden auf Skiroller bessere Leistungen in der diagonalen Klassiktechnik verglichen mit DP-up erzielt
- Die maximale Sauerstoffaufnahme und submaximale Bewegungsökonomie ist bei der diagonalen Klassiktechnik höher als beim Doppelstockschieben im Flachen und am Anstieg
- Bei gleicher Leistung ist zudem die Bewegungsökonomie für DIA am höchsten
- Beim Doppelstockschieben am Anstieg kommt es zu einem größeren Sauerstoffdefizit als im Flachen
- Für eine gute Leistung DIA-Leistung bergan ist eine hohe VO2peak entscheidend
- Für gute Leistungen im Doppelstockschieben ist die submaximale Bewegungsökonomie der wichtigste Faktor
Einleitung
Durch Verbesserungen der Ausrüstung und Streckenpräparierung kam es in den letzten Dekaden zu einer Erhöhung der Geschwindigkeit im klassischen Stil und führte dazu, dass teilweise die Wettkämpfe komplett im Doppelstock absolviert wurden [3]. Um die klassische Technik zu bewahren, wurden entsprechende Regeln und Technikzonen mit verpflichtendem Grätenschritt eingeführt. Trotz dieser Regeln gibt es Athlet*innen, die den Grätenschritt so technisch modifiziert haben, damit sie weiterhin ohne Steigwachs den Wettkampf bestreiten können, um in den Gleitzonen mit entsprechend schnellerem Material die Zeit wieder gutzumachen. Prinzipiell passt sich durch entsprechende „Gänge“/Subtechniken sowohl die Doppelstocktechnik (DP) als auch die diagonale Lauftechnik (DIA) an die jeweilige Geschwindigkeit und Steigung an. Aus früheren Arbeiten war bekannt, dass die höchste Beanspruchung der Sauerstoffaufnahme (VO2peak) mit DIA erreicht wird und diese im Mittel ca. 12 % höher als beim DP ist [4]. Dies ist auf die unterschiedliche Beanspruchung der Muskelgruppen zuzuschreiben, da vor allem im DP der Oberkörper mit der geringeren oxidativen Kapazität primär für den Vortrieb verantwortlich ist [1, 5]. Die Ziele dieser Stude waren:
- Die Leistung und physiologischen Unterschiede zwischen DP und DIA bei Elitelangläufer auf dem Laufband zu untersuchen
- Physiologische und biomechanische Unterschiede im DP zwischen Anstieg und Ebene zu vergleichen
- Zusammenhänge zwischen der Leistung und der Physiologie bei beiden Techniken aufzuzeigen
Methoden
Insgesamt wurden 12 männliche Profilangläufer für diese Studie rekrutiert. Sechs von ihnen waren spezialisiert auf Langdistanzrennen (Visma Ski Classics). Es wurden zwei separate Testeinheiten auf dem Laufband durchgeführt. Zuerst ein submaximaler Test für die Bestimmung der Bewegungsökonomie (GE). Hierbei wurden jeweils drei submaximale Stufen bei 8° (DIA & DP-up) und bei 1° (DP-flat) über jeweils fünf Minuten durchgeführt. Die Leistung wurde hierbei konstant gehalten zwischen den Techniken und in jeder Stufe um 20 Watt gesteigert. Zur Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2peak), dem maximal akkumulierten Sauerstoffdefizit (MAOD) und der Leistungsfähigkeit wurde zudem ein 3,5-minütiges Zeitfahren bei konstanter Steigung (1° & 8°) durchgeführt. Die Geschwindigkeit wurde anhand der Läuferposition auf dem Laufband entsprechend gesteuert. Das MAOD stellt die Differenz des berechneten Sauerstoffbedarfes aufgrund von Geschwindigkeit, Steigung und Körpergewicht und dem tatsächlich konsumierten Sauerstoffbedarf während der Belastung. Es stellt einen Marker der anaeroben Kapazität dar.
Ergebnisse
Physiologische Leistungsunterschiede zwischen DIA und DP:
Die zurückgelegte Strecke im Zeitfahren bei DIA war 13 % länger als bei DP-up. Zudem war die VO2peak bei DIA um 7 % höher als für beide DP-Varianten, die sich untereinander nicht unterschieden haben. Das MAOD war höher bei DP-up als bei den Techniken DP-flat und DIA. Bei der DIA Technik waren im submaximalen Bereich Laktatwerte, Herzfrequenz, subjektives Belastungsempfinden und Sauerstoffaufnahme geringer und die Bewegungsökonomie höher als bei beiden Doppelstockvarianten. Beim DP konnten im submaximalen Bereich keine Unterschiede festgestellt werden.
Biomechanische Betrachtung zwischen DP-flat und DP-up
Das DP-flat kennzeichnet zwar eine längere Zyklus- und Schwungzeit verglichen mit DP-up aus, jedoch sind die Bodenkontaktzeiten absolut und relativ betrachtet kürzer. Während DP-flat durch eine verstärkte Verringerung des Körperschwerpunktes während des Schubes gekennzeichnet ist, wird der COM bei DP-up in der Schwungphase stärker erhöht. Die Bewegungsamplitude in Knie- und Sprunggelenkswinkel ist bei DP-up erhöht, wohingegen diese im Hüft-, Schulter- und Ellenbogenwinkel gegenüber DP-flat verringert ist. Die maximalen Stockkräfte (ca. 290 N) unterscheiden sich nicht zwischen Anstieg und Ebene, jedoch wird bei DP-flat beim initialen Stockeinsatz sofort ein höheres Kraftniveau (210 N vs. 117 N) erreicht. Zudem wird hier die maximale Stockkraft früher (bei 37 % vs. 47 % des Stockeinsatzes) erreicht bei DP-flat.
Zusammenhängende Leistungsfaktoren
Für eine gute Leistung im Zeitfahren war die submaximale GE für das Doppelstockschieben entscheidend. Die VO2peak hatte jedoch keinen Zusammenhang mit der Leistung im Zeitfahren. Für DIA war es genau umgedreht. Hier gab es keinen Zusammenhang zwischen der submaximalen GE und der Zeitfahrleistung, wohingegen eine höhere VO2peak mit einer besseren Leistung verbunden war.
Diskussion
Aufgrund der höheren Sauerstoffaufnahme bei maximaler Ausbelastung und der besseren submaximalen Bewegungsökonomie kann DIA bei einer Steigung von 8° gegenüber DP-up als besser geeignet angesehen werden. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit früheren Forschungsergebnissen [2, 6] vor der entsprechenden Regeländerung. Einschränkend muss erwähnt werden, dass die Ergebnisse dieser Studie primär für das Skirollern/Laufband gelten. Denn auf Skiroller herrscht für den Beinabstoß durch die eingebaute Rücklaufsperre der optimale Grip. Somit können sich die Ergebnisse auf Schnee je nach Bedingungen (Grip, Gleiteigenschaften) möglicherweise verändern. Trotzdem kann diese Erkenntnis auf alle Fälle für eine entsprechende Trainingsgestaltung mit dem Fokus auf die entsprechenden Trainingsziele im Sommertraining genutzt werden. Für das Doppelstockschieben wirkt sich eine hohe VO2peak nicht positiv auf die Leistung aus, sondern vielmehr ist eine hohe Bewegungsökonomie entscheidend. Dies bestätigen auch vorangegangene Arbeiten, dass der Energieverbrauch für DP leistungsentscheidend ist [6–8]. Darüber hinaus passt die „schwache“ Beziehung zwischen VO2peak und DP-Leistung gut zu den bisherigen Erkenntnissen der maximalen Sauerstoffaufnahme, wenn wie beim DP der größte Teil der Arbeit mit dem Oberkörper/Armen geleistet wird [1]. Somit sollte für eine bessere DP-Leistung eher an der Technik als an der VO2peak gearbeitet werden. Im maximalen Zeitfahren wurde mit DP-up eine höhere Leistungsabgabe erreicht als bei DP-flat (330W vs. 255W). Dieser höhere energetische Aufwand spiegelt sich in dem größeren MAOD wider. Einerseits steigt bergauf die Arbeit des Unterkörpers und somit die Muskelaktivität und andererseits herrschen am Anstieg deutlich längere Bodenkontaktzeiten während des Schubes [2], wodurch das größere Sauerstoffdefizit erklärt werden können.
Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "What is the optimal classical style sub-technique during uphill roller skiing in elite male cross-country skiers? ", die 2023 im "European journal of applied physiology" veröffentlicht wurde.
Quellen
Magne Lund-Hansen, Øyvind Gløersen, Bjarne Rud, and Thomas Losnegard. 2023. What is the optimal classical style sub-technique during uphill roller skiing in elite male cross-country skiers? European journal of applied physiology. DOI: doi.org10.1007/s00421-023-05261-w.
[1] J. A. L. Calbet, H-C Holmberg, H. Rosdahl, G. van Hall, M. Jensen-Urstad, and B. Saltin. 2005. Why do arms extract less oxygen than legs during exercise? American journal of physiology. Regulatory, integrative and comparative physiology 289, 5, R1448-58. DOI: doi.org/10.1152/ajpregu.00824.2004.
[2] Christine Dahl, Øyvind Sandbakk, Jørgen Danielsen, and Gertjan Ettema. 2017. The Role of Power Fluctuations in the Preference of Diagonal vs. Double Poling Sub-Technique at Different Incline-Speed Combinations in Elite Cross-Country Skiers. Front. Physiol. 8, 94. DOI: doi.org/10.3389/fphys.2017.00094.
[3] Thomas Losnegard. 2019. Energy system contribution during competitive cross-country skiing. European journal of applied physiology 119, 8, 1675–1690. DOI: doi.org/10.1007/s00421-019-04158-x.
[4] Thomas Losnegard, Daniela Schäfer, and Jostein Hallén. 2014. Exercise economy in skiing and running. Front. Physiol. 5, 5. DOI: doi.org/10.3389/fphys.2014.00005.
[5] B. Rud, N. H. Secher, J. Nilsson, G. Smith, and J. Hallén. 2014. Metabolic and mechanical involvement of arms and legs in simulated double pole skiing. Scandinavian journal of medicine & science in sports 24, 6, 913–919. DOI: doi.org/10.1111/sms.12133.
[6] Edvard H. Sagelv, Tina P. Engseth, Sigurd Pedersen, Svein A. Pettersen, Gunnar Mathisen, Kim A. Heitmann, Boye Welde, Tor O. Thomassen, and Thomas L. Stöggl. 2018. Physiological Comparisons of Elite Male Visma Ski Classics and National Level Cross-Country Skiers During Uphill Treadmill Roller Skiing. Front. Physiol. 9, 1523. DOI: doi.org/10.3389/fphys.2018.01523.
[7] Øyvind Skattebo, Thomas Losnegard, and Hans K. Stadheim. 2019. Double-Poling Physiology and Kinematics of Elite Cross-Country Skiers: Specialized Long-Distance Versus All-Round Skiers. International Journal of Sports Physiology and Performance 14, 9, 1190–1199. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2018-0471.
[8] Per-Øyvind Torvik, Øyvind Sandbakk, Roland van den Tillaar, Rune K. Talsnes, and Jørgen Danielsen. 2022. A Comparison of Double Poling Physiology and Kinematics Between Long-Distance and All-Round Cross-Country Skiers. Front. Sports Act. Living 4, 849731. DOI: doi.org/10.3389/fspor.2022.849731.
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