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Studie

Schnell im Labor - stark in der Loipe

Von Isabel Schneider & Daniel Appelhans

Die Laufabschnitte im Biathlon finden intermittierend und mit hohen Intensitäten statt. Im Rahmen dieser Studie wurde untersucht, inwieweit Ergebnisse aus Laboruntersuchungen mit Skirollern auf dem Laufband mit den Leistungen bei Feldtests im Rahmen von Wettkämpfen im Zusammenhang stehen. Dafür absolvierten 28 männliche und weibliche schwedische Spitzenbiathleten im Labor einen Stufentest, sowie einen hochintensiven Test über eine festgelegte Strecke bei selbst gewähltem, maximalem Tempo.

Etwa zwei Monate später fand der Feldtest in Form eines modifizierten Einzelrennens statt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Test auf Zeit deutlich mit der Laufleistung in der Loipe zusammenhängt und dass eine hohe Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle sowie eine hohe Effizienz eine wichtige Rolle für die Leistungsfähigkeit spielen. Die Auswirkung der maximalen Sauerstoffaufnahme war nur bei den Frauen von Bedeutung und über die Relevanz der anaeroben Leistungsfähigkeit im Biathlon kann keine klare Aussage getroffen werden.

Aus laborbasierten Lauftests lässt sich auf die Leistungsfähigkeit im Wettkampf schließen

  • Die Laufleistung von männlichen und weiblichen Biathleten wird durch eine hohe Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle, gepaart mit einer hohen Effizienz, maßgeblich beeinflusst
  • Bei Frauen zeigen die Testergebnisse aber auch, dass für überdurchschnittliche Laufleistungen herausragende Spitzenwerte der maximalen Sauerstoffaufnahme notwendig sind.
  • Die anaerobe Leistungsfähigkeit zeigte in dieser Untersuchung keinerlei Zusammenhang mit der Laufleistung im Wettkampf

Hintergrund

Durch den Wechsel zwischen Laufen und Schießen unterscheidet sich Biathlon physiologisch betrachtet von anderen Sportarten.

In einigen Studien konnte bereits aufgezeigt werden, dass im Skilanglauf zwischen der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) und der Leistungsfähigkeit über 10km Wettkampfdistanz ein direkter Zusammenhang besteht. Dies ist ebenfalls gültig für die Sauerstoffaufnahme im Bereich der anaeroben Schwelle sowie in Bezug auf die Bewegungsökonomie/Effizienz [1,2].

Zur Laufleistung im Biathlon gibt es bisher zwar nur wenig wissenschaftliche Untersuchungen, allerdings konnte bereits gezeigt werden, dass Leistungsunterschiede im Weltcup stark von der reinen Laufleistung abhängen [3,4].

Laaksonen und Kollegen wollten in der hier vorgestellten Studie herausfinden, inwieweit die Laufleistung beim Biathlon im Wettkampf mit verschiedenen Laborparametern im Zusammenhang steht und führten dazu Labortestungen sowie einen Testwettkampf durch.

Aufbau, Methoden und Ablauf der Studie

An der Studie nahmen 28 schwedische Spitzensportler (jeweils 14 Frauen und Männer) aus dem Junioren- oder Elitebereich im Biathlon teil, darunter Gewinner von WM-Medaillen und Athleten aus den Top 15 im Weltcup.

Während der Saisonvorbereitung wurden in einer Testsession zwei verschiedene Tests im Labor absolviert. In diesen Labortests liefen die Athlet:innen mit Skirollern in der Skating 1-1 Technik auf dem Laufband und es wurden kontinuierlich die Atemgase analysiert, sowie an bestimmten Zeitpunkten Laktat gemessen.

Der erste Test war ein submaximaler Stufentest und bestand aus 3-5 Stufen von je 4 Minuten Dauer bei einer Startgeschwindigkeit von 7 km·h-1 und einer Steigung von 3,5% bei den Frauen bzw. 8 km·h-1 und 4,5% Steigung bei den Männern. Die Temposteigerung pro Stufe lag jeweils bei 2 km·h-1 und der Test wurde beendet, sobald die Belastung den Bereich der anaeroben Schwelle überschritten hatte. Für die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle wurde in dieser Untersuchung der Sauerstoffwert bei einer fixen Laktatkonzentration von 4 mmol·l-1 bestimmt.

Im Anschluss an die submaximalen Stufen, nach einer Pause mit aktiver und passiver Erholung, wurde ein maximaler Test durchgeführt. Dieser Test war darauf ausgelegt die Athlet:innen innerhalb von circa 3min auszubelasten um die VO2max und die anaerobe Leistungsfähigkeit zu bestimmen. Daher galt es für die Frauen 900m (bei 3,5% Steigung) und die Männer 1000m (bei 4,5% Steigung) schnellstmöglich zurückzulegen. Durch ein Lichtschranken gesteuertes System wurde sichergestellt, dass die Geschwindigkeit des Laufbandes durch den Athleten bestimmt werden konnte und somit eine maximale Belastung gewährleistet war.

Sowohl für den Stufentest, als auch beim Streckentest auf Zeit wurde über die gemessenen Atemgase, den Rollwiderstand der Skiroller und der gelaufenen Geschwindigkeiten/Steigung mittels spezieller Formeln die erbrachte Leistung berechnet. So konnte sowohl der aerobe als auch der anaerobe Anteil an der Energiebereitstellung des maximalen Tests, die Laufeffizienz (Brutto-Effizienz) und die durchschnittliche relative Leistungsfähigkeit in Watt pro kg Körpergewicht bestimmt werden.

Zusätzlich wurden im November alle Testprobanden in einem Feldtest auf ihre Laufleistung überprüft. Dieser Feldtest fand im Rahmen eines modifizierten nationalen Biathlon-Einzelrennens statt, mit einer gesamt-Streckenlänge von 10km (Frauen) und 12,5km (Männer). Fehlschüsse wurden jeweils mit 40 Strafsekunden bedacht und die Gesamtzeit der Schiesseinlagen am Ende des Rennens von der Endzeit abgezogen, um so die Netto-Laufzeit zu ermitteln. Diese Netto-Laufzeit wird nachfolgend als Wettkampfleistung bezeichnet.

Ergebnisse

Zusammenhang der Wettkampfleistung mit:

  • Der Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle (W & M)
  • Der Laufeffizienz/Brutto-Effizienz (W & M)
  • Der VO2max (nur W)
  • Der Zeit/Leistung im kurzen Maximal Test/Streckentest auf Zeit (W & M)

Kein Zusammenhang der Wettkampfleistung

  • Anaerober Energieanteil

Die Relevanz der unterschiedlichen Laborparameter im Biathlon

Die Studie zeigt, dass bei Biathleten aus physiologischer Sicht die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle und die Laufeffizienz am stärksten mit der Wettkampfleistung zusammenhängen. Die hohe Bedeutung dieser beiden Parameter für die Laufleistung ist in Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus anderen Ausdauersportarten [5] und wird auch durch das etablierte Modell nach Joyner und Coyle [6] gestützt. Dieses Modell bezeichnet die VO2max, die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle und die Bewegungseffizienz als die drei ausschlaggebenden Faktoren für die Ausdauerleistungsfähigkeit. Interessanterweise war in der hier beschriebenen Untersuchung von Laaksonen und Kollegen für die VO2max nur bei den Frauen ein Zusammenhang erkennbar. Die Forschenden führen dies auf die geringeren Leistungsunterschieden sowohl in der VO2max als auch der Wettkampfleistung zwischen den männlichen im Vergleich zu den weiblichen Teilnehmer:innen zurück. Diese Vermutung deutet daraufhin, dass bei einer hohen Leistungsdichte im Spitzenbereich, wo die VO2max bereits bei allen Athleten sehr gut entwickelt zu sein scheint, besonders die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle, sowie die Laufeffizienz auschlaggebend sind. Ein entsprechender Trainingsfokus auf die Entwicklung dieser beiden Werte könnte in dem Falle sinnvoll sein.

Nichtsdestotrotz zeigen die Testergebnisse der Frauen, dass es bei einem breiteren Leistungsspektrum auch wichtig ist, die Spitzenwerte der VO2max durch entsprechendes Training zu verbessern. Dieser Umstand wird in gewisser Weise auch durch den starken Zusammenhang des Streckentests auf Zeit mit der Wettkampfleistung, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern, verdeutlicht.  Denn auch wenn der Test nur circa. 3min dauerte, so wurde 77% der benötigten Energie über Sauerstoff bereitgestellt. Der gute Zusammenhang dieses Tests mit der Wettkampfleistung lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass mehrere leistungsbestimmende Faktoren sowohl bei dieser kurzen Belastung, als auch bei der längeren Wettkampfbelastung relevant sind. Aus diesem Grund sehen die Autor:innen in diesem Test ein geeignetes Mittel der (Lauf)Leistungsbestimmung.

Ein Faktor der jedoch laut den Ergebnissen dieser Untersuchung in der Wettkampfleistung nur eine untergeordnete Rolle spielt ist die anaerobe Leistungsfähigkeit, da keinerlei Zusammenhang mit der anaeroben Energiebereitstellung hergestellt wurde. Dies ist überraschend, da durch die wechselnde Belastung im Biathlon besonders an den Anstiegen eigentlich eine Leistung erbracht wird, die über der VO2max liegt [7]. Laut den Forschenden könnte die vergleichsweise lange Rundenzeit (ca. 7min) der Wettkampfstrecke, die hohe Tagesvariabilität der anaeroben Kapazität, oder die grundsätzliche Möglichkeit diese Kapazität bisher nur indirekt und daher ggf. ungenau zu bestimmen, dafür verantwortlich sein. Entsprechend war auch in dieser Untersuchung die anaerobe Energie nur berechnet und somit sind abschließende Aussagen zur Rolle der anaeroben Kapazität im Biathlon schwierig.

Diese Studie zeigt, dass es Laborparameter gibt die mit der Wettkampfleistung im Biathlon in Zusammenhang stehen und deshalb könnte ein daran ausgerichtetes Training sinnvoll sein. Da es aber kaum Trainingsinterventionsstudien gibt, die sich ausschließlich mit der Sportart Biathlon befassen, sollte die Forschung – auch im wissenschaftlichen System des DSV - hier unbedingt weiter vorangetrieben werden. So sind vor allem sportartspezifische Feldstudien notwendig, um unsere Trainer, Athleten und Mediziner mit einer fundierten wissenschaftlichen Basis für ihr Handeln ausstatten zu können.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Laboratory-Based Factors Predicting Skiing Performance in Female and Male Biathletes", die 2020 im „Frontiers in sports and active living" veröffentlicht wurde.

Quellen

Laaksonen,M.S., Andersson,E, Jonsson Kårström,M., Lindblom,H. & McGawley,K. (2020). Laboratory-Based Factors Predicting Skiing Performance in Female and Male Biathletes. Frontiers in sports and active living, 2, 99. https://doi.org/10.3389/fspor.2020.00099

 

  1. Mahood, N. V., Kenefick, R. W., Kertzer, R., & Quinn, T. J. (2001). Physiological determinants of cross-country ski racing performance. Medicine and Science in Sports and Exercise, 33(8), 1379–1384. https://doi.org/10.1097/00005768-200108000-00020
     
  2. Carlsson, M., Carlsson, T., Wedholm, L., Nilsson, M., Malm, C., & Tonkonogi, M. (2016). Physiological Demands of Competitive Sprint and Distance Performance in Elite Female Cross-Country Skiing. Journal of Strength and Conditioning Research, 30(8), 2138–2144. https://doi.org/10.1519/jsc.0000000000001327
     
  3. Luchsinger, H., Kocbach, J., Ettema, G., & Sandbakk, Ø. (2018). Comparison of the Effects of Performance Level and Sex on Sprint Performance in the Biathlon World Cup. International Journal of Sports Physiology and Performance, 13(3), 360–366. https://doi.org/10.1123/ijspp.2017-0112
     
  4. Luchsinger, H., Kocbach, J., Ettema, G., & Sandbakk, Ø. (2019). The Contribution From Cross-Country Skiing and Shooting Variables on Performance-Level and Sex Differences in Biathlon World Cup Individual Races. International Journal of Sports Physiology and Performance, 14(2), 190–195. https://doi.org/10.1123/ijspp.2018-0134
     
  5. Coyle, E. F., Coggan, A. R., Hopper, M. K., & Walters, T. J. (1988). Determinants of endurance in well-trained cyclists. Journal of Applied Physiology, 64(6), 2622–2630. https://doi.org/10.1152/jappl.1988.64.6.2622
     
  6. Joyner, M. J., & Coyle, E. F. (2008). Endurance exercise performance: the physiology of champions. The Journal of Physiology, 586(1), 35–44. https://doi.org/10.1113/jphysiol.2007.143834
     
  7. Karlsson, Ø., Gilgien, M., Gløersen, Ø. N., Rud, B., & Losnegard, T. (2018). Exercise Intensity During Cross-Country Skiing Described by Oxygen Demands in Flat and Uphill Terrain. Frontiers in Physiology, 9, 846. https://doi.org/10.3389/fphys.2018.00846
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