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Studie

Was ist die optimale Pacingstrategie im Biathlonsprint?

Von Matthias Graf

Verglichen wurde die Auswirkung eines langsameren Starts beim Biathlonsprint. Hierfür wurden die Schnellstarter (INT) im zweiten Wettkampf angehalten in einem Startsegment die Geschwindigkeit zu reduzieren und die andere Gruppe (CON) sollte ihre Strategie im zweiten Wettkampf beibehalten. Nur INT konnte durch den langsameren Start die Sprintleistung verbessern. CON hatte keine Verbesserung am zweiten Wettkampftag. Zwischen den Gruppen (Schnell- vs. Langsamstarter) als auch zwischen den Wettkämpfen konnten keine Unterschiede in der Schießleistung festgestellt werden. Eine konstante Rundenzeitgestaltung im Sprint ist mit einer besseren Endzeit verbunden.

Auswirkungen eines langsameren Startes bei Schnellstartern auf die Wettkampfleistung

  • Das Drosseln der Startgeschwindigkeit wirkt sich positiv auf die Leistung im Biathlonsprint aus
  • Trotz veränderter Pacingstrategie war die Schießleistung konstant
  • Konstante Rundenzeiten sind mit besserer Leistung assoziiert

Einleitung

Die Wahl der entsprechenden Pacingstrategie im Biathlon hat neben den Auswirkungen auf die Laufleistung, auch Auswirkung auf die Schießleistung [5]. Das Stehendschießen wird durch die Laufintensität und den Ermüdungszustand beeinflusst, da es zu erhöhten vertikalen Bewegungsamplituden des Gewehrlaufes und Körperbewegungen kommt [4]. Auch das Liegendschießen wird mit steigender Intensität negativ beeinflusst [1]. Im Biathlonsprint ist eine “J-shaped” Pacingstrategie am häufigsten zu beobachten. Hierbei wird die erste Runde am schnellsten, die zweite langsamer und die dritte Runde wieder schneller gelaufen [3]. Vergleicht man jedoch die Top-10 im Weltcup mit den Athlet*innen auf Platz 21-30, so ist festzustellen, dass diese eine konstantere Geschwindigkeitssteuerung haben und die entsprechenden Rundenzeiten näher an der durchschnittlichen Rundenzeit und somit auf einem konstanten Niveau liegen [2].

 

Methoden

11 Frauen und 27 Männer aus Norwegen haben an dieser Studie teilgenommen und bestreiten Biathlonwettkämpfe auf nationalem Level. Es wurden 2 standardmäßige Biathlonsprints (7.5 km Frauen; 10 km Männer) auf der Rollerbahn in Lillehammer durchgeführt. Zwischen diesen Sprints lagen 72 Stunden. Geschossen wurde auf Papierscheiben, um einerseits die psychologische Komponente von Treffer oder Fehler auszuschalten und andererseits wurde anhand der Ringzahl die Schießleistung quantifiziert. Am ersten Tag durften alle eine selbstgewählte Startgeschwindigkeit für den Wettkampf laufen. Basierend auf der Rangliste nach den ersten 800m (nach 1. Anstieg) in Relation zu deren Durchschnittsgeschwindigkeit für diese 800 m über alle drei Runden, wurde in zwei Gruppen für den zweiten Wettkampf eingeteilt. Der Interventionsgruppe (=Schnellstarter; INT) wurde individuell mitgeteilt, wie viele Sekunden sie am zweiten Wettkampftag langsamer in diesem Segment starten sollen. Die Männer in INT wurden zudem angehalten, bis zum höchsten Punkt (ca. 1500m) die Startgeschwindigkeit ebenfalls anzupassen. Die Kontrollgruppe (=Langsamstarter; CON) wurde angehalten, ihre Strategie beizubehalten und nichts an ihrer Pacingstrategie zu verändern.

 

Ergebnisse

An Wettkampftag eins war CON deutlich schneller als INT (26:42 min vs. 28:06 min). Beim zweiten Wettkampf lag die Zeit für CON bei 26:43 min und für INT bei 27:42 min. An diesem hat INT die Startgeschwindigkeit in den ersten 800m um 5% ±1.5% verringert und bei CON kam es zu keiner Veränderung der Startgeschwindigkeit. Insgesamt konnte INT die Leistung durch den langsameren Start um 1.5% ± 0.7% steigern und bei CON kam es zu keiner Steigerung (0.0 % ± 0.9%) zwischen beiden Wettkämpfen. Bei der Betrachtung beider Geschlechter konnte festgestellt werden, dass sich nur die Männer in der INT-Gruppe von Wettkampf 1 zu Wettkampf 2 verbessern konnten. Keine Unterschiede konnten hier bei den Frauen ausgemacht werden. INT konnte die Laufgeschwindigkeit in allen Geländeformen erhöhen, was zur Verbesserung der Laufleistung führt. Die Schießleistung hatte sich weder zwischen den Gruppen noch zwischen den Wettkämpfen unterschieden noch verändert. Bei der Herzfrequenz konnte ebenfalls keine Veränderung festgestellt werden.

Diskussion

Das Hauptergebnis dieser Studie ist, dass bei INT durch einen langsameren Start eine gleichmäßige, konstante Pacingstrategie erreicht werden konnte, wodurch die Laufleistung im Biathlonsprint verbessert wurde. Diese angepasste Pacingstrategie hatte keine Auswirkungen auf die Schießleistung. Das aufsummierte (mehrere Messpunkte auf Strecke) subjektive Belastungsempfinden war am zweiten Tag bei INT geringer und bedeutet, dass der biopsychologische Stress im Wettkampf geringer war, obwohl die Laufleistung verbessert werden konnte. Am ersten Wettkampftag war bei INT die Pacingstrategie „J-shaped“, wohingegen CON durchschnittliche Rundenzeiten laufen konnte. Durch die Veränderung der Startgeschwindigkeit konnte auch INT am zweiten Wettkampf eine gleichmäßigere Rundenzeit halten. Wie schon in der Einleitung geschrieben, ist eine gleichmäßige, konstante Rundenzeitgestaltung im Weltcup mit besseren Platzierungen im Biathlonsprint verbunden und wird unterstützt mit den Ergebnissen dieser Studie als besser geeignet für den Biathlonsprint angesehen. Der Grund, warum nur Männer die Leistung durch die entsprechende Anpassung verbessern konnten, ist unklar, jedoch gibt es hierfür Erklärungsansätze. Einerseits wurden die Männer aufgrund der anspruchsvolleren Topografie der Runde angehalten, bis 1500m die Startgeschwindigkeit zu drosseln, wodurch der positive Effekt „länger“ auf der ersten Runde wirken konnte und andererseits deutlich weniger Frauen an der Studie teilnahmen, wodurch einzelne Ausreißer die komplette Statistik stärker beeinflussen. Dass durch die veränderte Pacingstrategie keine Auswirkungen auf die Schießleistung hervorgerufen werden konnte, war verwunderlich. Die Autoren heben jedoch hervor, dass auf Papierscheiben geschossen wurde und somit das augenblickliche Feedback den Athlet*innen genommen wurde. Im Weltcupsprint ist der erste Schuss am häufigsten ein Fehlschuss [2] und das deutet darauf hin, dass im Falle eines Fehlers im Anschluss die Zielstrategie angepasst wird und somit die Trefferwahrscheinlichkeit für den nächsten Schuss erhöht wird. Dieses optische Feedback war in dieser Studie nicht gegeben.

 

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie ". Highly Trained Biathletes With a Fast-Start Pacing Pattern Improve Time-Trial Skiing Performance by Pacing More Evenly.", die 2023 im "International Journal of Sports Physiology and Performance" veröffentlicht wurde.

Quellen

Thomas Losnegard, Magne Lund-Hansen, Erland V. Stubbe, Even D. Granrud, Harri Luchsinger, Øyvind Sandbakk, and Jan Kocbach. 2023. Highly Trained Biathletes With a Fast-Start Pacing Pattern Improve Time-Trial Skiing Performance by Pacing More Evenly. International Journal of Sports Physiology and Performance, 1–7. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2023-0211.

[1]      M. D. Hoffman, P. M. Gilson, T. M. Westenburg, and W. A. Spencer. 1992. Biathlon shooting performance after exercise of different intensities. International journal of sports medicine 13, 3, 270–273. DOI: doi.org/10.1055/s-2007-1021265.

[2]      Harri Luchsinger, Jan Kocbach, Gertjan Ettema, and Øyvind Sandbakk. 2018. Comparison of the Effects of Performance Level and Sex on Sprint Performance in the Biathlon World Cup. International Journal of Sports Physiology and Performance 13, 3, 360–366. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2017-0112.

[3]      Harri Luchsinger, Rune K. Talsnes, Jan Kocbach, and Øyvind Sandbakk. 2019. Analysis of a Biathlon Sprint Competition and Associated Laboratory Determinants of Performance. Front. Sports Act. Living 1, 60. DOI: doi.org/10.3389/fspor.2019.00060.

[4]      Gerold Sattlecker, Michael Buchecker, Christoph Gressenbauer, Erich Müller, and Stefan J. Lindinger. 2017. Factors Discriminating High From Low Score Performance in Biathlon Shooting. International Journal of Sports Physiology and Performance 12, 3, 377–384. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2016-0195.

[5]      Øyvind Skattebo and Thomas Losnegard. 2018. Variability, Predictability, and Race Factors Affecting Performance in Elite Biathlon. International Journal of Sports Physiology and Performance 13, 3, 313–319. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2017-0090.

 

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