Eintakter bergauf – auf Skiroller und Ski immer gleich?
Von Matthias Graf
Skiroller sind das Haupttrainingsmittel in der Vorbereitungsphase für Sportler*innen im Biathlon, Skilanglauf und Nordischer Kombination. Die am häufigsten genutzte Teiltechnik im Skating ist der Eintakter. Aus diesem Grund wurden in der folgenden Studie die kinematischen Unterschiede im Skating 1-1 zwischen den Trainingsmitteln Ski, Skiroller und Skirollerlaufband verglichen. Es wurde sichergestellt, dass Geschwindigkeit und Steigung jeweils gleich war und zudem wurde die Reibung beim jeweiligen Test beachtet.
Zwischen Skirollern auf dem Laufband oder Asphalt wurden keine Unterschiede in der Lauftechnik festgestellt. Das Skilanglaufen hatte jedoch zur Folge, dass der Hüftwinkel einen größeren Bewegungsspielraum in der Beuge-/Streckbewegung aufwies und es zudem zu einer veränderten Hüftrotation kam, da sich die Hüfte stärker seitlich bewegte. Neben der veränderten Hüftposition wurden außerdem verlängerte Bodenkontaktzeiten der Stöcke festgestellt. Das Skirollern mit „schnelleren“ Rollski (weniger Rollwiderstand) sorgt, wie im Winter auf Langlaufski, für eine längere Zykluszeit und kann somit für gezieltes Techniktraining im Sommer angewendet werden. Zur Imitation der Hüftbewegung könnte eine Weiterentwicklung der Skiroller hinsichtlich Kantbewegung und Flexibilität beim Abdruck hilfreich sein.
Kinematische Unterschiede im Skating 1-1 zwischen Skiroller, Laufband und auf Ski
- Skirollern im Skating 1-1 ist zwischen Laufband und Asphalt unverändert
- Skilanglaufen hat eine größere seitliche Hüftbewegung und veränderte Hüftrotation zur Folge
- Reibung beeinflusst die Hüftstreckung
- Schnelle Skiroller bieten die Möglichkeit, wie beim Skilanglaufen im Winter, eine längere Zykluszeit zu erzielen
Hintergrund
Für Sportarten bei denen das Skilanglaufen zum Wettkampf gehört sind Skiroller in der Vorbereitungsphase im Sommer das Haupttrainingsmittel. Spricht man mit Athleten*innen und Trainer*innen wird schnell deutlich, dass es nach der subjektiven Wahrnehmung deutliche Technikunterschiede zwischen dem Skirollern (Asphalt und Laufband) und Skilanglaufen auf Schnee gibt. Da es immer das Ziel sein sollte möglichst nah an der Zieltechnik zu trainieren, ist es wichtig die kinematischen Technikunterschiede der unterschiedlichen Trainingsmitteln zu kennen. Seit den großen Studien der 1980ern [1, 2] sind jedoch keine weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen zwischen Skirollern und Skilanglaufen gemacht worden. Im Skilanglaufen ist die Teiltechnik Skating 1-1, die am meisten genutzte Technik im Wettkampf und die Leistung am Anstieg ist besonders relevant, da die Geschwindigkeit bergauf stark mit dem Endresultat zusammenhängt. [3] Daher war es das Ziel dieser Studie die kinematischen Technikparameter für die Skating 1-1 Technik am Anstieg für Skiroller und Ski zu bestimmen und miteinander zu vergleichen.
Methodische Herangehensweise
Nach zwei überwachten Trainingseinheiten auf dem Laufband wurden neun gut trainierte, männliche Langläufer in die Studie aufgenommen. Das Einschlusskriterium für die Teilnehmer war, dass diese stabile und sich wiederholende Technikmuster hatten. Das Skirollern im Herbst und das Langlaufen im Winter wurde am selben Anstieg, mit konstanter Steigung (8,0°), durchgeführt. Die Messstrecke (30 m) und dadurch auch die Dauer (<40 Sek) wurden kurzgehalten, um ermüdungsbedingte Technikveränderungen auszuschließen. Die Geschwindigkeit von 3,0 m‧s−1 wurde mittels Metronoms und markierten Punkten alle 7,5 m zur Orientierung vorgegeben. Zur Überprüfung einer möglichen Technikveränderung zwischen Herbst und Winter wurde außerdem auf dem Laufband dasselbe Protokoll (8,0°, 3,0 m‧s−1, <40 Sek) durchgeführt. Da man die Reibungskoeffizienten für die Ski im Herbst noch nicht wusste, wurden alle Tests mit zwei unterschiedlich schnellen Skirollern und zwei unterschiedlich gut gewachsten Skiern durchgeführt. Dieser Reibungskoeffizient wurde in der folgenden Abfahrt während des Tests ermittelt.
Die zeitlichen, kinematischen Parameter (Bodenkontaktzeit Stöcke & Ski) und die dreidimensionale Hüftbewegung wurde mittels einer inertialen Messeinheit (engl. IMU) aufgezeichnet. Eine IMU wurde an einem elastischen Gurt am Kreuzbein angebracht, um die Bewegung der Hüfte zu ermitteln. Zusätzlich wurden für die jeweiligen Bodenkontaktzeiten an jeden Schuh und unterhalb des Stockgriffes weitere Messeinheiten fixiert.
Eine kleine und sehr leichte Messeinrichtung, die aus dreiachsigem Beschleunigungs- und Drehmomentsensor besteht. Dadurch können translatorische und rotatorische Bewegungen dreidimensional erfasst werden.
Insgesamt ist anzumerken, dass die Methodik und das Studiendesign durch eine hohe Qualität gekennzeichnet sind, da die durchgeführten Testungen streng standardisiert waren und jeder Proband alle unterschiedlichen Testungen absolvierte. Diese Tatsache verbessert die Aussagekraft der Ergebnisse.
Ergebnisse
Bei der Skirollertechnik wurden sowohl zwischen der Rollerbahn und dem Laufband als auch bei den zwei Messungen im Herbst und Winter keine Unterschiede im Skating 1-1 festgestellt. Jedoch konnte durch unterschiedliche schnelle Skiroller eine Veränderung der Technik erkannt werden. Mit schnelleren Skirollern kam es zu einer Verlängerung der kompletten Zykluszeit. Diese verlängerte Zykluszeit kam jedoch nur zustande, da sich die Zeit des reinen Gleitens verlängerte, die Schubzeit der Stöcke aber gleichblieb. Beim Skilanglaufen wurde zwar ebenfalls eine längere Zykluszeit festgestellt, allerdings verlängerten sich dabei auch die Schubzeit der Stöcke. Diese längere Bodenkontaktzeit der Stöcke auf Schnee kommt dadurch zustande, dass der Sportler sich an den weicheren Untergrund anpasst. Um den Zyklus zu verlängern können beim Techniktraining im Sommer schnellere Skiroller als Hilfsmittel eingesetzt werden. Es ist aber zu beachten, dass dies ohne längere Bodenkontaktzeiten (Stöcke & Abdruck) geschieht. Reine längere Gleitzeiten haben den Vorteil, dass der Sportler sich kurz „entspannen und sortieren“ kann und auf den nächsten Zyklus vorbereitet ist. Damit jedoch noch näher an der Zieltechnik aus dem Winter gearbeitet werden kann, sollte es Trainingsmöglichkeiten geben, die es ermöglichen den weicheren Untergrund auf Schnee zu simulieren. Hier herrscht Entwicklungspotential für das Material beim Sommertraining.
Weitere Merkmale, die sich vom Langlaufen zum Skirollern unterscheiden, waren eine erhöhte Abweichung bei der seitlichen Hüftverlagerung und eine vergrößerte Rotation um die Längsachse sowie Pfeilachse der Hüfte im Skilanglaufen. Als Langläufer möchte man den Ski möglichst lange plan aufsetzen, da die Reibung „auf der Kante“ erhöht ist und sich der Ski vor allem bei weicherem Schnee eingräbt. Aus diesem Grund vermuten die Autor*innen, dass der Athlet intuitiv seine Technik anpasst, indem er möglichst lange versucht den Ski plan zu belassen. Dafür muss der Körperschwerpunkt direkter über dem Ski sein. Diese Bewegung führt zu einer vergrößerten links-rechts Verlagerung der Hüfte. Diese größere Bewegungsamplitude (Range of Motion) bewirkt, dass die Hüfte stärker um die Längsachse rotiert. Das bedeutet, dass die Hüfte sich seitlich stärker öffnet, da der Weg und somit der Winkel größer werden. Wichtig ist hier, dass der Schultergürtel weiterhin parallel zur Hüfte bleibt und es nicht zu einer Verdrehung der Wirbelsäule kommt. Außerdem kippt die Hüfte wegen der erhöhten Bewegungsamplitude nach rechts/links ab. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Bewegung auch entsteht, wenn der Sportler die Hüfte seitlich verlagert, aber mit dem Körperschwerpunkt eher in der „Mitte“ stehenbleibt. Darauf ist speziell beim Skirollern zu achten, da hier die oben beschriebene Kantbewegung/-problematik vom Langlaufski nicht zum Einsatz kommt. Eine weitere Erklärung könnte das Material sein. Ein Langlaufski ist weicher, deutlich länger und leichter als der Skiroller. Außerdem wird die Bindung am Ski verglichen mit einem Skiroller in einem anderen Abstand zum Schwerpunkt (2,0 vs. 6,5 cm) montiert und dadurch werden andere muskuläre Koordinationsmuster beansprucht.
Zudem wurde beobachtet, dass auch die vertikale Veränderung der Hüftposition (=Hüftstreckung) reduziert wurde, wenn dem Sportler der Widerstand genommen wurde. Festgestellt wurde dies bei geringerer Reibung auf Ski und Skiroller (=schnellerer Ski/Skiroller). Interessanterweise haben die Forschenden in der Vergangenheit bei gleicher Geschwindigkeit, vergleichbarem Rollwiderstand, jedoch geringerer Steigung (4°) eine geringere Hüftstreckung festgestellt [4]. Aus diesem Grund folgern die Autoren*innen, dass die Veränderung der Hüftstreckung sowohl von der Intensität als auch von der Steigung abhängt. Bei verringerter Reibung/Intensität wird die Hüftstreckung geringer und bei zunehmender Steigung wird die Bewegungsamplitude größer.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass schon in der Vorbereitungsphase auf die langlaufrelevanten Technikparameter (seitlichere Verlagerung der Hüftposition, längere Schübe) geachtet werden sollte. In diesem Zuge ist jedoch auch die Entwicklung neuer und noch spezifischeren Trainingsmittel für die Vorbereitungsphase im Sommer gefordert. Hier sollte vor allem darauf geachtet werden, dass die Kantbewegung und die Flexibilität der Skiroller während des Abdruckes weiterentwickelt wird. Außerdem sollte bedacht werden, dass sowohl die Reibung (=Intensität) als auch die Steigung die Hüftstreckung beeinflussen.
Limitationen
Dadurch, dass nur ein IMU am Kreuzbein befestig wurde, konnten nur Bewegungen in der Hüfte aufgezeichnet werden. Zudem wurde nur eine Teiltechnik analysiert. Hier sollte eine ausführliche Analyse folgen. Die Autoren weisen zudem daraufhin, dass die Beschaffenheit der Loipe und die Auswirkung auf die Technik, der Aufkantwinkel der Ski und unterschiedliche Intensitäten in Zukunft erforscht werden müssen.
Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Kinematic differences between uphill roller skiing and on-snow skiing using the V2 skating technique", die 2022 im „European Journal of Applied Physiology" veröffentlicht wurde.
Quellen
Myklebust, H., Losnegard, T. & Hallén, J. (2022). Kinematic differences between uphill roller skiing and on-snow skiing using the V2 skating technique. European Journal of Applied Physiology. DOI: 10.1007/s00421-022-05007-0
- Baumann, W. The Mechanics of the Roller Ski and its Influence on Technique in Cross Country Skiing. In S. M. Perren & E. Schneider (Hrsg.), Biomechanics: Current Interdisciplinary Research (S. 711–716). Dordrecht: Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/978-94-011-7432-9_108
- Gervais, P. & Wronko, C. (1988). The Marathon Skate in Nordic Skiing Performed on Roller Skates, Roller Skis, and Snow Skis. International Journal of Sport Biomechanics, 4(1), 38–48. https://doi.org/10.1123/ijsb.4.1.38
- Sandbakk, O., Ettema, G., Leirdal, S., Jakobsen, V. & Holmberg, H.‑C. (2011). Analysis of a sprint ski race and associated laboratory determinants of world-class performance. European Journal of Applied Physiology, 111(6), 947–957. https://doi.org/10.1007/s00421-010-1719-9
- Myklebust, H., Gløersen, Ø. & Hallén, J. (2015). Validity of Ski Skating Center-of-Mass Displacement Measured by a Single Inertial Measurement Unit. Journal of Applied Biomechanics, 31(6), 492–498. https://doi.org/10.1123/jab.2015-0081
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