Skip to main content
Studie

Neue Trainingsbereiche durch eine Leistungsdiagnostik im Labor... was nun?

Von Lucas Worth

Im Skilanglauf werden regelmäßig Feld- und Labortestungen durchgeführt, um die Leistungsentwicklung der Athleten messbar zu machen und um aktualisierte Trainingszonen zu definieren. In der vorliegenden Studie wurden 14 (8 Frauen, 6 Männer) Biathlet*innen aus der erweiterten Weltspitze über 3 Jahre untersucht und die erhobenen Parameter Herzfrequenz (HR) und Laktatkonzentration (La) zwischen Feld- und Labortestungen verglichen.

Hierbei zeigte sich, dass die HR bei Feldtestungen im Vergleich zu Labortestungen bei Laktatwerten von 2mmol und 4mmol geringer ausfiel. Die Laktatschwelle wurde im Feld folglich bereits bei einer geringeren HR erreicht. Dies sollte bei der Definition neuer Trainingsbereiche im Anschluss an eine Leistungsdiagnostik im Labor für das alltägliche Training berücksichtigt werden.

Inwieweit gibt es Unterschiede im Zusammenhang von Herzfrequenz und Laktatkonzentration zwischen Labor -und Feldtestungen?

  • Herzfrequenz und Laktat werden häufig als Marker für die Belastungsintensität genutzt.
  • Der Zusammenhang von Herzfrequenz und Laktat kann zwischen Labor- und Feldtestungen variieren, was zu unterschiedlichen Belastungsintensitäten führen kann.
  • In Schlüsseleinheiten sollte die Belastung durch Laktatmessungen überprüft werden.
  • Im Feld biete sich eine eher konservative Herangehensweise bei neu definierten Trainingsbereichen durch eine Labortestung an.

Hintergrund

Feld- und Labortestungen auf Rollskiern werden im Skilanglauf regelmäßig durchgeführt, um die Leistungsentwicklung der Athlet*innen über physiologische Parameter wie z.B. der VO2max messbar zu machen. Erhobene Herzfrequenzdaten (HR) und Laktatwerte (La) sollen dabei helfen, aktualisierte Trainingszonen zu definieren, um das Training und mögliche Anpassungseffekte noch besser steuern zu können. Im Training wird häufig die HR als Marker für die Belastungssteuerung verwendet [1] und versucht aus den Ergebnissen der Leistungsdiagnostik eine Laktatkonzentration und somit die metabolische Belastung für das tägliche Training abzuleiten. Gerade die HR zeigt jedoch starke Variation von Tag zu Tag [2], ist abhängig von der Hydrierung oder Umwelteinflüssen, die auf die Athlet*in einwirken [3] und fehlerhafte Aufzeichnungen auf Grund von technischen Defekten können nicht umgangen werden [4]. Der Zusammenhang zwischen HR und La hängt ebenso stark vom genutzten Testprotokoll (z.B. unterschiedliche Stufenlänge [5]) als auch von der angewendeten Technik (Klassisch vs. Skating) ab [6]. Fraglich ist daher, ob die aufgezeigten Zusammenhänge zwischen HR und La im Labor in das Training im Feld übernommen werden können.

Methodische Herangehensweise

8 weibliche (VO2max: 61 ± 3 ml·min-1·kg-1) und 6 männliche (VO2max: 70 ± 4, ml·min-1·kg-1) Biathleten aus der erweiterten Weltspitze nahmen an der Studie teil. Alle partizipierten oder gewannen bereits Medaillen bei den olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften. Die Athlet*innen bringen somit langjährige Erfahrung an Training mit Rollskiern auf dem Laufband und im Feld mit und trainierten in den vorausgegangenen Jahren 11 bis 15 h/Woche reines Ausdauertraining pro Jahr.

Studiendesign

Die Athlet*innen wurden über eine 3-jährige Periode untersucht, wobei jeweils zwei separate Testungen pro Jahr durchgeführt wurden. Zunächst wurden ein Stufen- und Rampenprotokoll im Labor durchgeführt. Im anschließenden Feldtest mussten die Athleten dieselbe Strecke in 5 stufenförmig ansteigenden Intensitäten auf Rollskiern absolvieren (= 5-Strecken-Test).

Labortestungen

Zunächst wurde eine Laboruntersuchung unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Als Technik wurde das Skating 1-1 festgesetzt. Im Anschluss an ein standarisiertes Aufwärmprogramm wurde ein submaximaler Stufentest (Steigerung der Intensität alle 4 min um 1 km/h) durchgeführt. Für die einzelnen Stufen wurden HR, La, Atemgase und das subjektive Belastungsempfinden (RPE) erhoben. Der Test wurde abgebrochen, wenn eines von vier vordefinierten Abbruchkriterien (ca. Schwellenleistung) erreicht wurden. Nach einer 4-minütigen aktiven Erholung in der Intensität des Aufwärmprogramms, gefolgt von einer 5-minütigen passiven Pause wurde ein Rampenprotokoll (Steigerung der Intensität jede Minute um 1 km/h bis zur Ausbelastung) zur Ermittlung der VO2max und HRmax durchgeführt.

Feldtestung

Für die Feldtestung wurde in Jahr 1 und 2 eine 2,9 km lange Strecke genutzt, welche mit einem stetig ansteigenden Berg endete (Abb. 1A). In Jahr 3 wurde die Strecke durch den zuständigen Trainer verändert. Hier wurde dann auf einer 2,8 km langen Runde getestet, wobei der letzte Berg steiler anstieg als im Kurs der Jahre 1 und 2 (Abb. 1B). Neben der Distanz blieben sowohl die Höhenmeter als auch die Zeit auf der Strecke vergleichbar zur ursprünglichen Strecke. Der Kurs wurde mit dem eigenen Equipment und auf Rollskiern durchgeführt. Die Athleten*innen durften zwischen unterschiedlichen Techniken variieren, einzig am letzten Anstieg musste das Skating 1-1 für eine bessere Vergleichbarkeit zu den Labortestungen verwendet werden. Insgesamt wurden 5 Runden mit stufenförmig ansteigender Intensität absolviert. Diese Intensität wurde nach Tonnessen et al. (2014) vordefiniert (Tab.1). Die HR wurde über die letzten 30 s der jeweiligen Stufe und La direkt im Anschluss an die Stufe erhoben. Nach einer passiven Pause von 30-60 s begann die nächste Stufe.

Ergebnisse

 

Unterschied Männer und Frauen?

Zunächst kann festgehalten werden, dass die Männer über die 3-jährige Periode bis auf die erste Stufe des Feldtests alle Durchgänge schneller absolviert haben als die Frauen. Die Frauen wiesen hingegen für die ersten 3 Stufen im Feldtest eine höhere prozentuale HRmax (%HRmax) im Vergleich zu den Männern auf. Ein Unterschied in den Laktatwerten zwischen Männern und Frauen konnte über die 3 Jahre nicht festgestellt werden.

Tabelle 1: 5 Trainingsintensitätszonen der schwedischen Biathlon Föderation nach Tonnessen et al. (2014)

Unterschied Labor und Feld?

Interessanterweise konnte festgestellt werden, dass unabhängig vom Geschlecht, für eine gegebene HR die Laktatkonzentration im Feldtest höher ausfiel als in der Labortestung. Anders formuliert, die %HRmax für die beiden fixen Laktatkonzentrationen 2 mmol und 4 mmol waren um 1,9 % bzw. 2,4 % im Feldtest niedriger verglichen mit dem Labortest. Ein Erklärungsansatz hierfür besteht in der unterschiedliche Stufenlänge zwischen Labor und Feld. Die Stufenlängen in der Feldtestung waren im Schnitt deutlich länger, so konnten sich HR und La über einen längeren Zeitraum stabilisieren [5]. Auch die unterschiedlichen Steigungen und technischen Anforderung der absolvierten Teststrecken können eine Erklärung darstellen, da hierdurch beispielsweise die arbeitende Muskulatur (vermehrte Oberkörpereinsatz) und somit auch der anaerobe Stoffwechsel mehr angeregt werden könnten, was wiederum zu einer Verschiebung der HR-La Beziehung führen könnte [7, 8, 9].

Was können wir aus der Studie für das Training mitnehmen?

Zunächst kann man festhalten, dass Ergebnisse aus dem Labor einen guten Aufschluss über den Fitnesszustand der Athlet*innen geben können, diese aber im Feld mit Vorsicht zu genießen sind. Es handelt sich zwar bei den angegebenen Unterschieden, um recht kleine Unterschiede (1,9 % und 2,4 %), dies kann dennoch zur Folge haben, dass trotz gleicher HR eine höhere Laktatkonzentration, und somit auch metabolischer Stress vorliegen kann. Folglich können Symptome wie Ermüdung, Übertraining oder unerwünschte Anpassungen auftreten. Um den metabolischen Stress im Training messbar machen zu können, bietet es sich an, im Feld regelmäßig Schlüsseleinheiten mit Laktatmessungen zu überprüfen und dies mit der HR und auch den Laborergebnissen zu vergleichen. Falls diese Möglichkeit nicht besteht, bietet sich auf Grund der hier dargelegten Ergebnisse eine eher konservative Herangehensweise im Training an. Eine leicht verringerte Trainingsintensität im Vergleich zu den Laborergebnissen könnte ähnliche Anpassungen erzielen.

Die Inhalte basieren auf dem Originalartikel "Heart Rate-Blood Lactate Profiling in World-Class Biathletes During Cross-Country Skiing: The Difference Between Laboratory and Field Tests.", der 2023 in „International journal of sports physiology and performance" veröffentlicht wurde.

Quellen

Staunton, C. A., Andersson, E. P., Björklund, G., & Laaksonen, M. S. (2023). Heart Rate-Blood Lactate Profiling in World-Class Biathletes During Cross-Country Skiing: The Difference Between Laboratory and Field Tests. International journal of sports physiology and performance18(7), 780–785. doi.org/10.1123/ijspp.2023-0011

  1. Tønnessen E, Sylta Ø, Haugen TA, Hem E, Svendsen IS, Seiler S. The road to gold: training and peaking characteristics in the year prior to a gold medal endurance performance. PLoS One. 2014;9(7): 101796. doi:10.1371/journal.pone.0101796
  2. Hopker JG, Jobson SA, Gregson HC, Coleman DA, Passfield L. Reliability of cycling gross efficiency using the Douglas bag method. Med Sci Sports Exerc. 2012;44(2):290–296. doi:10.1249/MSS. 0b013e31822cb0d2
  3. Achten J, Jeukendrup AE. Heart rate monitoring. Sports Med. 2003;33(7):517–538. doi:10.2165/00007256-200333070-00004
  4. Kingsley M, Lewis MJ, Marson R. Comparison of polar 810 s and an ambulatory ECG system for RR interval measurement during progressive exercise. Int J Sports Med. 2005;26(1):39–44. doi:10. 1055/s-2004-817878
  5. Foxdal P, Sjödin B, Sjödin A, Östman B. The validity and accuracy of blood lactate measurements for prediction of maximal endurance running capacity. Int J Sports Med. 1994;15(2):89–95. doi:10.1055/s- 2007-1021026
  6. Larson AJ. Variations in heart rate at blood lactate threshold due to exercise mode in elite cross-country skiers. J Strength Cond Res. 2006;20(4):855-890. doi:10.1519/R-16424.1
  7. Spriet L. Anaerobic metabolism during high-intensity exercise. In Hargreaves M, ed. Exercise Metabolism. Human Kinetics; 1995: 1–39.
  8. LaRoche DP, Amann M, Rundell KW. Grade influences blood lactate kinetics during cross-country skiing. J Strength Cond Res. 2010; 24(1):120–127. doi:10.1519/JSC.0b013e3181c3b429
  9. Björklund G, Holmberg H-C, Stöggl T. The effects of prior high intensity double poling on subsequent diagonal stride skiing characteristics. Springerplus. 2015;4(1):40. doi:10.1186/s40064-015-0796-y
hashtag__ausdauer
hashtag__labor
hashtag__diagnostik
hashtag__feld
getaggt mit: #Ausdauer #Labor #Diagnostik #Feld