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Studie

Coronainfektion und die Rückkehr zum Sport

Von Daniel Appelhans

Covid-19 begleitet unseren Alltag mittlerweile seit über 2 Jahren und es geht darum mit dem Virus zu leben. Insbesondere für Sportler*innen und Trainer*innen stellt sich daher die Frage: Wie gehe ich während und vor allem nach einer Infektion mit dem Training um? Zu dieser Fragestellung gibt es jetzt einen neuen „Expertenkonsensus“ mit konkreten Handlungsanweisungen führender deutscher Sportärzt*innen. Die Empfehlungen leiten sich dabei aus der schwere des Krankheitsverlaufs und der durchgemachten Symptome ab. Generell sollte während einer Infektion eine Trainingspause bis mindestens zum dritten symptomfreien Tag eingelegt werden. Danach kann wieder mit lockerer Intensität ins Training eingestiegen werden, wobei die Steigerung der Trainingsintensität individuell abgestimmt werden sollte. Bei einem schweren oder moderaten Krankheitsverlauf (hohes Fieber, Krankenhausaufenthalt etc.)  wird empfohlen zuerst eine ärztliche Diagnostik durchzuführen. Es geht dabei vorrangig darum, die Sportler*innen vor Organschäden oder Herzerkrankungen nach der eigentlichen Infektion, ausgelöst durch unangepasste körperliche Belastung, zu schützen.

Abgestimmte Expertenmeinung zum Wiedereinstieg ins Training nach einer Infektion mit dem Coronavirus

  • Empfehlungen leiten sich aus der schwere des Krankheitsverlaufs und den durchgemachten Symptomen ab (keine, mild, moderat, schwer)
  • Egal wie stark der Verlauf der Infektion ist: Trainingspause bis mindestens zum dritten symptomfreien Tag
  • Auf Basis des subjektiven Gefühls der Athlet*innen in den ersten Trainingseinheiten soll die Intensität individuell gesteigert werden
  • Bei moderaten/schweren Verläufen wird eine ärztliche Diagnostik vor dem Wiedereinstieg ins Training empfohlen

Hintergrund

Auch wenn seit dem Frühjahr 2022 ein Großteil der Covid-19 Regeln ausgelaufen oder abgeschafft wurden, so gibt es das Coronavirus noch immer und es stecken sich täglich Menschen neu an. Diese Infektionen machen auch vor Sportler*innen nicht halt. Zwar ist das Risiko eines schweren oder sogar tödlichen Krankheitsverlaufs bei jüngeren und „fitten“ Menschen geringer, aber in Einzelfällen kann es zu Organschäden kommen, welche die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen (1). Das Coronavirus kann schwerwiegendere Folgen haben und eine Infektion sollte deshalb nicht unterschätzt werden.  Ein vollständiger Impfstatus reduziert dabei das Risiko schwer zu erkranken und kann einen schnelleren Widereinstieg ins Training ermöglichen (2). Wie genau dieser Widereinstieg jedoch gestaltet werden sollte und welche Kriterien dabei relevant sind ist bislang nicht eindeutig festgelegt. Aufgrund unterschiedlicher Informationen sind sowohl Athlet*innen und Trainer*innen verunsichert.

Ein sogenannter „Expertenkonsensus“ führender Deutscher Sportmediziner*innen hat sich nun zu genau diesem Thema beraten und die Ergebnisse in der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin veröffentlicht.

Methodische Herangehensweise

Als Startpunkt für das Expertengremium erarbeitete der Wissenschaftsrat der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP; https://www.dgsp.de) zuerst 21 Handlungsanweisungen. Die Grundlage dieser Handlungsanweisungen bildeten dabei wissenschaftliche Studien zum Coronavirus sowie die klinischen Erfahrungen der Autor*innen in der Arbeit im Breiten- und Spitzensport. Diese vorformulierten Handlungsanweisungen wurden dann der Medizinischen Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes sowie leitenden Ärzte von größeren sportmedizinischen Einrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vorgelegt. Diese 16 Expert*innen führten dann eine weitere Bewertung der Handlungsanweisungen durch (0 = keine & 9 = vollkommene Überein­stimmung).

Ergebnisse

Die Übereinstimmung lag für alle 21 Handlungsanweisungen bei über 7 und betrug im Durchschnitt 8,2. Daraus wird ersichtlich, dass es einen breiten Konsens der beteiligten Expert*innen gab.

 Die konkreten Handlungsempfehlungen gliedern sich in 4 verschiedene Abschnitte und die wichtigsten Eckpunkte sind in Abbildung 1 dargestellt.

1. Symptomcharakterisierung

Die Krankheitsverläufe werden abhängig von den Symptomen in asymptomatische, milde, moderate und schwere Verläufe eingeteilt.

Krankheitsverlauf

Symptome

asymptomatisch

Keine

milde

leichtes Fieber < 38,5°C, leichter Hustern, Halsschmerzen, leichtes Krankheitsgefühl und Unwohlsein, keine erschwerte Atmung oder subjektive Herzbeschwerden (Herzrasen, unregelmäßige Herzschläge, Druckgefühl im Brustkorb)

moderat

starkes Krankheitsgefühl, hohes Fieber > 38,5°C, Atembeschwerden in Ruhe, Kopf-, Muskel-, Gelenk- und Gliederschmerzen, Übelkeit oder Durchfall, anhaltender Husten >3 Tage

schwer

Stationärer Krankenhausaufenthalt aufgrund der Coronainfektion und den damit einhergehenden Symptomen

Zusätzlich können täglich subjektive Parameter wie

  • Belast­barkeit (Skala 0-10, gar nicht bis voll)
  • Schlafqualität (Skala 0-10, gar nicht bis sehr gut)
  • Fatigue-Symptomatik (Skala 0-10, gar nicht bis immerzu)
  • Krankheitsgefühl (Skala 0-10, gar nicht bis sehr stark)

erhoben werden, um Trainings- und Wettkampftauglichkeit individuell abschätzen zu können.

2. Trainingspause und Trainingsbeginn

Während anhaltender Symptomatik und an den 3 folgenden symptomfreien Tagen sollte eine Trainingspause eingelegt werden. Der Wiedereinstieg ins Training richtet sich vor allem nach dem Krankheitsverlauf.

Asymptomatisch

Bei einem asymptomatischen Verlauf wird grundsätzlich ebenfalls eine dreitägige Belastungspause nach dem Diagnosezeitpunkt empfohlen, aber umfangs- und intensitätsreduzierte Belastungen sind im Einzelfall möglich.

Mild

Nach einem milden Verlauf kann nach der oben beschriebenen Trainingspause mit umfangs- und intensitätsreduzierten Belastungen ohne ärztliche Diagnostik wieder begonnen werden. Die weitere Belastungssteigerung ist dann abhängig von der individuellen Belastungsreaktion. Vorausgesetzt es gibt einen unauffälligem Belastungsaufbau und subjektiv eine gute, beschwerdefreier Belastbarkeit, so sind Wettkämpfe nach 10 Tagen wieder möglich.

Moderat und schwer

Für den Wiedereinstieg ins Training nach moderatem und schwerem Verlauf wird jedoch eine ärztliche Diagnostik empfohlen. Dadurch kann individuell sichergestellt werden, dass ein Trainingsbeginn unter sicheren Umständen möglich ist.

3. Medizinische Diagnostik

Aus Sicht der Expert*innen sollte die grundsätzliche medizinische Diagnostik eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen und ein Ruhe-EKG umfassen. Je nach Ergebnis bzw. Beschwerden der Sportler*innen kann das medizinische Personal dann weitere Untersuchungen durchführen.

4. Abschließende Beurteilung

Neben den bereits beschriebenen Punkten weisen die Autor*innen explizit darauf hin, dass bei anhaltenden Beschwerden (z.B. ungewöhnlichen Ermüdungserscheinungen und Belastungsintoleranz), unabhängig vom vorausgegangenen Krankheitsverlauf oder dem Vorgehen beim Wiedereinstieg ins Training, eine umfassendere ärztliche Abklärung vor Sportfreigabe empfohlen wird.

Fazit

Für Athlet*innen ist der Wiedereinstieg ins Training nach einer Coronainfektion eine kritische Phase. Das Training soll so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden, aber gleichzeitig besteht die Gefahr durch eine zu frühe körperliche Belastungen Schädigungen durch die Infektion zu verschlimmern oder andere Komplikationen zu verursachen. Die hier vorgestellten Handlungsanweisungen eines Expertenrates bieten Trainer- und Athlet*innen eine konkrete Hilfestellung rund um das Thema Corona und Sport.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Recommendations for return-to-sport after COVID-19: Expert consensus" die 2022 in der „Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin" veröffentlicht wurde.

Quellen

Steinacker JM*, Schellenberg J*, Bloch W, Deibert P, Friedmann-Bette B, Grim C, Halle M, Hirschmüller A, Hollander K, Kerling A, Kopp C, Mayer F, Meyer T, Niebauer J, Predel HG, Reinsberger C, Röcker K, Scharhag J, Scherr J, Schmidt-Trucksäss A, Schneider C, Schobersberger W, Weisser B, Wolfarth B, Nieß AM. Recommendations for return-to-sport after COVID-19: Expert consensus. Dtsch Z Sportmed. 2022; 73. doi:10.5960/dzsm.2022.532 [Epub ahead of print] 

  1. HALLE M, BLOCH W, NIESS AM, PREDEL HG, REINSBERGER C, SCHARHAG J, STEINACKER J, WOLFARTH B, SCHERR J, NIEBAUER J. Exercise and sports after COVID-19-Guidance from a clinical perspective. Transl Sports Med. 2021: 4: 310-318. doi:10.1002/tsm2.247
     
  2. NARDUCCI DM, DIAMOND AB, BERNHARDT DT, ROBERTS WO. COVID Vaccination in Athletes and Updated Interim Guidance on the Preparticipation Physical Examination During the SARS-Cov-2 Pandemic. Clin J Sport Med. 2022: 32: e1-e6. doi:10.1097/ JSM.0000000000000981