Hitzetraining - Vorstellung des aktuellen Trends im Leistungssport
Von Matthias Graf
In diesem folgenden Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der Arbeit einer bekannten skandinavischen Forschergruppe, welche die Auswirkungen durch ein zusätzliches Hitzetraining auf hämatologischer Ebene und aus Sicht der sportlichen Leistungsfähigkeit erzielt werden können. Die Studien werden in chronologischer Reihenfolge dargestellt, um darzustellen, wie das Hitzetraining weiterentwickelt wurde und um die bestmöglichen Aussagen für dessen Wirksamkeit zu treffen. Diese Studien haben für uns eine sehr hohe Aussagekraft, da es sich bei den Studienteilnehmer*innen um Profiradfahrer*innen oder Langläufer handelt und eben nicht um Hobbysportler. Diese Güte der Studienteilnehmer*innen ist im Folgenden auch an den hohen VO2max Werten zu erkennen.
Hitze und Wintersportler*innen - Wie passt das zusammen?
- Hitzetraining steigert bei Profisportler*innen die Hämoglobinmasse
- Ein Hitzeanzug stellt eine kostengünstige und einfache Möglichkeit im Vergleich zu einer speziellen Hitzekammer dar
- Der Stimulus durch das Hitzetraining wirkt unabhängig vom Geschlecht
- Mit einer Fortführung aber einer Reduktion an Anzahl der Einheiten vom Hitzetraining über das fünf Wochenprotokoll hinaus kann die Hämoglobinmasse zusätzlich gesteigert werden
- Ausdauerrelevante Parameter können durch das Hitzetraining gesteigert werden
Hintergrund
Die größte Differenz zwischen Personen mit einer hohen und einer niedrigen maximalen Sauerstoffaufnahme entsteht hauptsächlich durch die Kapazität, den Sauerstoff im Blut zu transportieren. Aus diesem Grund spielt die Masse an Hämoglobin (Hb) im Blut eine entscheidende Rolle. Neben seiner Auswirkung auf den Sauerstofftransport, hat das Hb auch Auswirkungen auf die totale Masse an roten Blutkörperchen und somit Einfluss auf das maximale Herzminutenvolumen durch den Frank-Starling-Mechanismus [3]. Mit einem Höhentraining wird vorrangig versucht, die Hb-Masse zu erhöhen, wobei dadurch das Plasmavolumen in der Regel verringert wird. Bei einem Hitzetraining entsteht jedoch zu Beginn eine Plasmaexpansion und führt somit zu einem verringerten Hämatokritwert (Htk). Die Niere wirkt hingegen als Kontrollstelle, welche sowohl Plasmavolumen als auch die Masse der roten Blutkörperchen reguliert. Durch das erhöhte Plasmavolumen in den ersten Tagen beim Hitzetraining verringert sich der Htk und es kommt anschließend zur Bildung von roten Blutzellen durch die Stimulation von Erythropoetin (EPO) und somit auch zur Bildung von Hb [4]. Als weiterer Mechanismus könnte außerdem auch die Ausschüttung von Hitzeschockproteinen und der damit verbundenen Verkettung mit der Signalkaskade um die Hypoxie induzierten Faktoren (HIF), welche ebenfalls die EPO Synthese anregen, verantwortlich sein [2]. Bei einer Steigerung von einem Gramm an Hämoglobinmasse kann aufgrund vorheriger Studien mit einer Erhöhung von ca. 4 ml Sauerstoffaufnahme gerechnet werden [6].
Studie 1:
Bent R. Rønnestad, Håvard Hamarsland, Joar Hansen, Espen Holen, David Montero, Jon E. Whist, and Carsten Lundby. 2021. Five weeks of heat training increases haemoglobin mass in elite cyclists. Experimental Physiology 106, 1, 316–327. DOI: doi.org/10.1113/EP088544
23 männliche Spitzenradfahrer (Anm. d. Redaktion: u.a. Team UnoX) mit einer mittleren VO2max von 76,2 ml*min-1*kg-1 wurden basierend auf der VO2max entweder in eine Hitzegruppe oder eine Kontrollgruppe eingeteilt. Es wurde eine spezifische Testbatterie auf dem Rad durchgeführt, bei welcher neben der klassischen Bestimmung von VO2max und Laktatschwellen auch eine Bestimmung der Ökonomie in frischem als auch ermüdeten Zustand erhoben wurde. Abschließend wurde ein 15-minütiger Leistungstest durchgeführt. Das Hitzetraining wurde am Nachmittag als lockere Einheit über 50 Minuten durchgeführt. Insgesamt wurden in den ersten vier Wochen fünf solcher Einheiten und in der fünften Woche noch vier Hitzetrainingseinheiten durchgeführt. Die Einheiten wurden in einer standardisierten Hitzekammer mit 37,5 – 38,5 °C und 64 – 66 % Luftfeuchtigkeit durchgeführt.
Insgesamt konnte durch das Hitzetraining die Hb-Masse um 4,6 % gesteigert werden, wohingegen diese in der Kontrollgruppe gleichgeblieben ist. Diese 4,6 % entsprechen im Schnitt 42 Gramm Hb. Zudem stieg das Plasmavolumen und wenn dieses gestiegen ist, gab es einen Zusammenhang zur dazugehörigen Steigerung der Hb-Masse. Die VO2max konnte zwar in beiden Gruppen gesteigert werden (4,6 % Hitzetraining, 3,2 % Kontrollgruppe) jedoch konnte nur durch das Hitzetraining die Leistung bei 4 mmol*L-1 gesteigert werden (9,1 %). Außerdem verbesserte sich die Bewegungsökonomie in ermüdetem Zustand und es kam zu deutlich verringerten Laktatwerten (ca. 16 % verringert) verglichen zur Kontrollgruppe bei gleicher Leistung am Ende der langen Testbatterie in ermüdetem Zustand. Trotz des kurzen Interventionszeitraumes und dem ohnehin schon hohen Trainingszustand der Athleten, sind diese Veränderungen bemerkenswert.
Studie 2:
Bent R. Rønnestad, Ole M. Lid, Joar Hansen, Håvard Hamarsland, Knut S. Mølmen, Håvard Nygaard, Stian Ellefsen, Daniel Hammarström, and Carsten Lundby. 2022. Heat suit training increases hemoglobin mass in elite cross-country skiers. Scandinavian journal of medicine & science in sports 32, 7, 1089–1098. DOI: https://doi.org/10.1111/sms.14156
In dieser Studie wurden insgesamt 25 Biathleten und Langläufer aus der internationalen und nationalen Spitze der Norweger (mittlere VO2max ~76 ml*min-1*kg-1) rekrutiert. Erneut wurde in eine Hitzetrainingsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt. Es wurden wieder ein Laktatstufentest, ein VO2max-Rampentest und ein 15-minütiger Leistungstest durchgeführt. Diese wurden dieses Mal jedoch joggend abgetestet. Der Unterschied bei dieser Studie war, dass das Hitzetraining nicht in einem standardisierten Raum durchgeführt wurde, sondern mit einem entsprechenden Hitzeanzug, welcher eine Hitzeabstrahlung verhindern soll. Dieser besteht aus einer Wollmütze, Wollunter- und Oberteil, einer Nylon Regenjacke und Hose sowie einer Daunenjacke. Mittels diesem Training mit Hitzeanzug konnte in einer Fallstudie bei 5 Weltklasseathlet*innen eine Steigerung der Hb-Masse von 5 % erreicht werden [5]. Das lockere Hitzetraining über 50 Minuten wurde auf dem Fahrradergometer durchgeführt und die Kontrollgruppe konnte jedes Trainingsmittel nehmen. Diese Einheit wurde fünf Mal pro Woche und über einen Zeitraum von fünf Wochen durchgeführt. Insgesamt sollten in den 50 Minuten 500 ml Wasser getrunken werden und die Leistung wurde so gewählt, dass am Ende der Einheit eine Rektaltemperatur von 38,5 °C erreicht wurde.
Durch das Hitzetraining konnte der Htk, die Masse der roten Blutkörperchen und die Hb-Masse gesteigert werden, wohingegen diese Parameter in der Kontrollgruppe über diese fünf Wochen unverändert blieben. Unterschiede in physiologischen Gesichtspunkten konnten weder zwischen den Gruppen noch nach den fünf Wochen ausgemacht werden. Die Steigerung der Hb-Masse entsprach 2,8 % in dieser Studie und ist vergleichbar mit einer Steigerung der Hb-Masse von 3,3 %, welche durch ein dreiwöchiges Höhentrainingslager zu erwarten ist [1]. Aus diesem Grund sehen die Autoren das Hitzetraining als kosteneffektive und einfach durchführbare Alternative zum Höhentraining an, wenn es um die Steigerung der Hb-Masse geht.
Studie 3:
Bent R. Rønnestad, Tomas Urianstad, Håvard Hamarsland, Joar Hansen, Håvard Nygaard, Stian Ellefsen, Daniel Hammarström, and Carsten Lundby. 2022. Heat Training Efficiently Increases and Maintains Hemoglobin Mass and Temperate Endurance Performance in Elite Cyclists. Medicine and science in sports and exercise 54, 9, 1515–1526. DOI: doi.org/10.1249/MSS.0000000000002928.
In dieser Studie sollte untersucht werden, ob es Unterschiede gibt, wenn das Hitzetraining in einer speziellen Hitzekammer (siehe Studie 1) oder mit einem Hitzeanzug (siehe Studie 2) durchgeführt wird. Insgesamt wurden 38 Profiradfahrer in drei Gruppen eingeteilt (Hitzekammer, Hitzeanzug und Kontrollgruppe). Wieder wurden fünf Einheiten pro Woche a 50 Minuten bei ca. 45 – 51 % der Leistung von 4 mmol*L-1 über fünf Wochen durchgeführt. Danach wurden zusätzlich aus beiden Hitzetrainingsgruppen insgesamt 11 Athleten ausgewählt, die mit insgesamt nur noch drei solcher Einheiten über drei Wochen das Hitzetraining im Hitzeanzug fortsetzten, wohingegen alle anderen Teilnehmer das normale Training durchführten. Hier wollten die Autoren sehen, wie sich die Blutparameter verhalten, wenn mit Hitzetraining aufgehört wird oder dieses in verringertem Maße fortgeführt wird. Die Testbatterie war dieselbe wie in Studie 1. Für die ausdauerrelevanten Parameter wie die Leistung bei 4 mmol*L-1, die maximale Leistung und die durchschnittliche 15 Minuten Leistung wurde ein spezieller Leistungsindex berechnet.
Die beiden Trainingsarten für das Hitzetraining lösten gleiche Schweißraten, Herzfrequenz und subjektives Belastungsempfinden aus. Leicht unterschiedlich war die Rektaltemperatur, das Temperaturempfinden und die durchschnittliche Leistung während der Einheiten. Nach fünf Wochen konnte auch hier mit dem Hitzetraining die Hb-Masse ähnlich gesteigert werden, jedoch führte der Hitzeanzug zu einem verbesserten Leistungsindex als die Hitzekammer. Wurde in den nächsten drei Wochen das Hitzetraining fortgeführt, konnte die Hb-Masse gegenüber denen, die damit aufgehört haben, weiter gesteigert werden. Keine statistischen Unterschiede in der Hb-Masse gab es bei der Kontrollgruppe und der Gruppe, die mit dem Hitzetraining aufgehört haben. Wichtig ist jedoch hervorzuheben, dass es bei Beendigung des Hitzetrainings nicht zu einer Reduktion der Hb-Masse innerhalb dieser drei Wochen gekommen ist und somit das erhöhte Hb-Massenniveau stabil geblieben ist. Insgesamt konnte mit den 8 Wochen Hitzetraining die Hb-Masse um 5,7 % und mit den 5 Wochen um 4 % gesteigert werden. Diese Werte übersteigen die erwartbaren 1,1 % Steigerung pro 100 Stunden im Höhentraining [1], da insgesamt lediglich 28,5 respektive 21 Stunden an Hitzetraining durchgeführt worden sind. Auch in dieser Studie war erneut in ermüdeten Zustand die Bewegungsökonomie für den Hitzeanzug verbessert und die Tendenz zur besseren Bewegungsökonomie bei der Hitzekammer verglichen mit der Kontrollgruppe festzustellen. Insgesamt konnte mit dem Hitzeanzug die Leistung bei 4 mmol*L-1 um 3,6 % gesteigert werden und die maximale Leistung um ca. 8 %, währenddessen diese in der Hitzekammer um 4 % gesteigert werden konnte. Beim 15-minütigen Leistungstest war ebenfalls der Trend zu erkennen, dass der Hitzeanzug leichte Vorteile bezüglich der Leistungssteigerung vorwies.
Studie 4:
Carsten Lundby, Håvard Hamarsland, Joar Hansen, Hege Bjørndal, Simen N. Berge, Daniel Hammarstöm, and Bent R. Rønnestad. 2023. Hematological, skeletal muscle fiber, and exercise performance adaptations to heat training in elite female and male cyclists. Journal of applied physiology (Bethesda, Md. : 1985) 135, 1, 217–226. DOI: doi.org/10.1152/japplphysiol.00115.2023.
Diese Studie hatte das Ziel zu überprüfen, ob die zuvor erhaltenen Ergebnisse bei männlichen Sportlern auch auf weibliche Athletinnen zutreffen oder ob die Geschlechter sich gegebenenfalls unterscheiden. Aus diesem Grund wurden 20 weibliche (VO2max 58,2 ml*min-1*kg-1) und 27 männliche (VO2max 76,4 ml*min-1*kg-1) Profiradfahrer*innen für diese Studie rekrutiert und geschlechterunabhängig entweder in die Gruppe Hitzetraining oder Kontrollgruppe eingeteilt. Zudem wurde mittels tiefergehender biochemischer Analysen untersucht, ob das Hitzetraining phänotypische Veränderung an der Muskelfaserverteilung und -Eigenschaften hervorruft. Hierfür wurden Muskelbiopsien entnommen. Der Interventionszeitraum war Oktober/November und somit zu Beginn der Vorbereitungsphase. Erneut wurde dieselbe Testbatterie und das gleiche Hitzeprotokoll mit Hitzeanzügen durchgeführt.
In dieser Studie konnte die Hb-Masse ebenfalls und zudem geschlechterunabhängig gesteigert werden. Aus diesem Grund und der konsistenten vorherigen Ergebnisse sehen die Autoren das Hitzetraining als wirksame Methode, um die Hb-Masse in Profisportler*innen zu steigern.
Die Veränderung der mitochondrialen Dichte im Muskel konnte in dieser durch die Aktivität der Citratsynthase erhoben werden. Denn es wird davon ausgegangen, dass Hitzetraining das Level an PGC-1⍺ und Hitzeschockproteine erhöht, was dazu beiträgt, dass es zur mitochondrialen Biogenese in der Muskulatur kommt. Bei paarweiser Betrachtung der Citratsynthase Aktivität wurde eine Vervielfachung der Aktivität durch das Hitzetraining festgestellt. In dieser Studie konnten alle ausdauerrelevanten Leistungsparameter (VO2max, Leistung bei 3 mmol*L-1 und die Leistung bei 15-minütigem Leistungstest) durch das Hitzetraining statistisch gesehen gesteigert werden. Waren in den vorherigen Studien vor allem Tendenzen zu erkennen, konnte aufgrund der größeren Teilnehmerzahl in dieser Studie auch statistisch ein Unterschied gezeigt werden (Bei mehr Proband*innen in einer Studie, ist es statistisch gesehen einfacher, Unterschiede zwischen zwei Gruppen aufzuzeigen). Die 15 Minutenleistung konnte um 10,2 % bei den Frauen und 7 % bei den Männern gesteigert werden. Diese Leistungssteigerungen hingen direkt mit der jeweiligen Steigerung der Hb-Masse zusammen.
Quellen
- References
[1] Christopher J. Gore, Ken Sharpe, Laura A. Garvican-Lewis, Philo U. Saunders, Clare E. Humberstone, Eileen Y. Robertson, Nadine B. Wachsmuth, Sally A. Clark, Blake D. McLean, Birgit Friedmann-Bette, Mitsuo Neya, Torben Pottgiesser, Yorck O. Schumacher, and Walter F. Schmidt. 2013. Altitude training and haemoglobin mass from the optimised carbon monoxide rebreathing method determined by a meta-analysis. British Journal of Sports Medicine 47 Suppl 1, Suppl 1, i31-9. DOI: doi.org/10.1136/bjsports-2013-092840.
[2] John A. Hawley, Carsten Lundby, James D. Cotter, and Louise M. Burke. 2018. Maximizing Cellular Adaptation to Endurance Exercise in Skeletal Muscle. Cell metabolism 27, 5, 962–976. DOI: doi.org/10.1016/j.cmet.2018.04.014.
[3] C. Lundby, D. Montero, and M. Joyner. 2017. Biology of VO2 max: looking under the physiology lamp. Acta physiologica (Oxford, England) 220, 2, 218–228. DOI: doi.org/10.1111/apha.12827.
[4] David Montero and Carsten Lundby. 2018. Regulation of Red Blood Cell Volume with Exercise Training. Comprehensive Physiology 9, 1, 149–164. DOI: doi.org/10.1002/cphy.c180004.
[5] Bent R. Rønnestad, Joar Hansen, Thomas C. Bonne, and Carsten Lundby. 2022. Case Report: Heat Suit Training May Increase Hemoglobin Mass in Elite Athletes. International Journal of Sports Physiology and Performance 17, 1, 115–119. DOI: doi.org/10.1123/ijspp.2021-0033.
[6] Walter Schmidt and Nicole Prommer. 2010. Impact of alterations in total hemoglobin mass on VO 2max. Exercise and Sport Sciences Reviews 38, 2, 68–75. DOI: doi.org/10.1097/JES.0b013e3181d4957a.
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