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Studie

Leistungsverbesserung durch Intervalltraining und Sprintintervalltraining – aber wie?

Von Yannick Schwarz

Unterschiedliche Merkmale zur Steuerung von Intervalltraining, wie zum Beispiel Intervall- oder Erholungsdauer, werden von Trainern modifiziert, um bei Athleten Verbesserung der Ausdauerfähigkeit hervorzurufen.

Eine aktuelle Meta-Analyse zu hochintensivem bzw. Sprintintervalltraining (HIIT bzw. SIT) von Rosenblat und Kollegen konnte allerdings zeigen, dass nicht jede dieser Steuerungsmerkmale Einfluss auf die Leistungssteigerung nimmt. So ist die Intervallintensität, sofern sie oberhalb der anaeroben Schwelle liegt, nicht entscheidend für den Grad der Leistungsverbesserung.

Durch die Analyse von 29 unterschiedlichen Studien in den Sportarten Laufen, Radfahren und Rudern konnte gezeigt werden, dass die Länge der Intervalle, Erholungsdauer zwischen Intervallen und die Gesamtbelastungszeit innerhalb einer Einheit das Ausmaß der sportlichen Anpassung beeinflussen. Trainierte erzielten bei längeren Intervallen größere Verbesserungen der „Time-Trial“ Leistung und die optimale Erholungsdauer scheint für HIIT bei 50 % der Belastungszeit zu liegen. Dies gilt jedoch nicht für SIT. Außerdem konnte festgestellt werden, dass die Leistungsverbesserung stärker ausgeprägt ist, je mehr HIIT absolviert wird und auch eine längere Gesamtbelastungszeit innerhalb von HIIT führte zu höheren Leistungssteigerungen.

Eine detaillierte Analyse zu den relevanten Steuerungsmerkmalen dieser beiden Trainingsformen

  • Das Leistungsniveau zu Beginn des Trainings hat den größten Einfluss auf die nachfolgende Verbesserung der Leistungsfähigkeit durch HIIT
  • Je mehr HIIT-Einheiten während der Trainingsintervention absolviert wurden, desto höher war nachfolgend die Verbesserung der „Time-Trial“ Leistung
  • HIIT-Programme sollten für mind. 4 Wochen und 2-mal pro Woche durchgeführt werden und 5 Wiederholungen von ca. 5 Minuten Belastung gepaart mit 2,5 Minuten passiver oder aktiver Erholung beinhalten, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern
  • SIT-Programme sollten für 2 Wochen und 2-mal pro Woche durchgeführt werden und 4 Wiederholungen von 30 Sekunden bei maximaler Anstrengung mit 4 Minuten passiver Erholung beinhalten um die Leistungsfähigkeit zu verbessern.

Hintergrund

Dass Intervalltraining zur Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit beiträgt, ist allgemein bekannt und findet aus diesem Grund seit circa einem Jahrhundert Anwendung im Ausdauerleistungssport. [1]

Die am häufigsten praktizierten Formen des Intervalltrainings sind hochintensives Intervalltraining (HIIT) oder Sprintintervalltraining (SIT). Beide Formen ermöglichen, durch die systematische Abfolge von Be- und Entlastung, hohe Intensitäten über einen längeren Zeitraum aufrechtzuhalten und bewegen sich im Intensitätsbereich jenseits der anaeroben Schwelle.

SIT wird durch eine kurze, nahezu maximale, Belastung mit längeren Pausen gekennzeichnet, während HIIT in Relation weniger intensiv ist und längere Belastungs- mit kürzeren Entlastungsphasen kombiniert.

Durch die Modifikation der genannten und weiteren (siehe Tab. 1) Steuerungsmerkmalen verfolgen Trainer meist ein Ziel – die Verbesserungen der Leistungsfähigkeit.

Tabelle 1. Merkmale zur Steuerung und Modifikation von Intervalltraining

Steuerungsmerkmale Intervalltraining
1. Belastungs-/ Intervalldauer
2. Entlastungs-/Erholungsdauer
3. Intervallintensität
4. Anzahl der Wiederholungen
5. Anzahl der Sätze
6. Entlastungsdauer zwischen Sätzen
7. Gesamtbelastungszeit
8. Intervallhäufigkeit (pro Woche)

Trotz gleicher Intention, ist sowohl HIIT als auch SIT in der Praxis in verschiedensten Ausprägungen zu beobachten. Dies liegt sicher nicht nur daran das Trainer unterschiedliche „Philosophien“ verfolgen [2], sondern womöglich auch daran, dass durch die unzählbaren Kombinationsmöglichkeiten der Steuerungsmerkmale selbst in der Wissenschaft schnell der Überblick verloren geht.

Methodik

Michael Rosenblat und seine Kollegen haben versucht diesen Überblick zu schaffen und in ihrer neu-veröffentlichten Meta-Analyse einzelne Steuerungsmerkmale und ihren Zusammenhang zu Leistungsverbesserung untersucht. Es wurden 29 Studien mit insgesamt 491 Probanden nach festgelegten Kriterien ausgewählt.

Eine Meta-Analyse ist ein wichtiges statistisches Werkzeug um die Aussagekraft von Studienergebnissen zu erhöhen. Durch eine systematische Literatursuche werden zuerst alle relevanten Untersuchungen zu einer bestimmten Thematik identifiziert um anschließend die jeweiligen Ergebnisse nach definierten Standards zu gruppieren und analysieren. Dies ermöglicht die Ergebnisse vieler einzelner, kleinerer Studien zur Beantwortung einer Fragestellung in Betracht zu ziehen und somit einen hochwertigeren Überblick zum aktuellen Stand der Wissenschaft zu geben. Aus diesem Grund sind die Ergebnisse einer Meta-Analyse grundsätzlich auch höher einzuschätzen, als Ergebnisse aus einzelnen Studien. Nichtsdestotrotz variiert auch die Aussagekraft einer Meta-Analyse abhängig zum Beispiel von der wissenschaftlichen Qualität der eingeschlossenen Einzelstudien, oder einer mangelnden Vergleichbarkeit der Studien (sehr unterschiedliche Protokolle/ Vorgehensweise).

Es wurden beispielsweise nur Studien eingeschlossen, die in den Sportarten Laufen, Radfahren und Rudern mindestens zwei Wochen HIIT, oder SIT beinhalteten und die Veränderung der Leistungsfähigkeit über das schnellstmögliche absolvieren einer vorgegebenen Strecke („Time-Trial“ = TT-Leistung) vor und nach der Intervention untersuchten. Die TT waren zwischen 2 – 40km lang (5min – 1h) und wurden explizit zur Leistungsbeurteilung ausgewählt, da diese Wettkampfleistungen besser abbilden als nur physiologische Merkmale (z.B. VO2max).

Des Weiteren wurden alle eingeschlossenen Studien nach dem Ausgangsleistungsniveau ihrer Probanden als inaktiv, aktiv oder trainiert klassifiziert.

Das Ergebnis

  • Ausmaß der Leistungsverbesserung: Je mehr HIIT-Einheiten in Summe während der Trainingsintervention absolviert wurden, desto höher war nachfolgend die Verbesserung der TT-Leistung. Geschlecht, Alter und der individuelle VO2max Ausgangswert hatten in den jeweiligen Leistungsgruppen keinen Einfluss auf das Ausmaß der Verbesserung.
  • Leistungsniveau: Trainierte Athleten können ihre TT-Leistung in einem Zeitraum von zwei bis zehn Wochen mit HIIT oder SIT um ca. 2 % und weniger trainierte sogar um bis zu 6 % verbessern.
  • Intervalldauer: Für trainierte Athleten war die Intervalldauer und nicht die Intensität bei HIIT entscheidend für das Ausmaß der Leistungsverbesserung. Längere Intervalle (ca. 5 min) scheinen in dieser Gruppe außerdem stärkere Anpassungen hervorzurufen.
  • Entlastungsdauer: Die größten Verbesserungen scheinen dann hervorgerufen zu werden, wenn die Entlastungsdauer ca. 50% der Intervalldauer beträgt
  • Sportart: Bei allen untersuchten Ausdauersportarten (Laufen, Radfahren, Rudern) sind Verbesserungen in ähnlichem Ausmaß beobachtet worden

Kurz oder lang, hart oder härter? Eine Frage der Zielsetzung?

Dass Untrainierte ihre Leistungsfähigkeit sowohl durch HIIT und SIT deutlich verbessern können und die Intervalldauer dabei nicht so entscheidend ist, ist wertvoll für die Praxis. Trainer im leistungsorientierten Sport arbeiten allerdings mit trainierten Sportlern und unter ihnen sind Leistungsverbesserungen nicht mehr so stark ausgeprägt.  Rosenblat und seine Kollegen stellten in ihrer Analyse fest, dass für genau diese Gruppe längere HIIT-Intervalle von Vorteil gegenüber kürzeren Intervallen sind. Aktuelle Studien von Rønnestad [3] propagieren dagegen mehrere Serien von kurzen Intervallen (30 – 40 s) mit noch kürzerer Erholung (15 – 20 s). Wie kommen diese unterschiedlichen Ergebnisse zustande?

Rosenblat untersuchte Veränderungen der TT-Leistung, während Rønnestad Veränderungen der physiologischen Zubringerleistung VO2max, erhob. Um Wettkampf- oder TT-Leistungen zu erklären, sind neben der VO2max allerdings noch zusätzliche Leistungsfaktoren, wie beispielsweise die Bewegungsökonomie (Sauerstoffverbrauch bei submaximalen Intensitäten) zu betrachten.

Die Autoren der Meta-Analyse stellen auf dieser Basis die These auf, dass kürzere Intervalle höhere Anpassungen der VO2max mit sich bringen, längere Intervalle jedoch möglicherweise sowohl VO2max als auch submaximale Leistungsfaktoren verbessern und somit eine stärkere Leistungsverbesserung bewirken.

Rosenblat und seine Kollegen resümieren außerdem, dass die Intensität, sofern sie oberhalb der anaeroben Schwelle liegt, nicht entscheidend für das Ausmaß der Leistungsverbesserung ist, sondern die bereits diskutierte Intervalldauer. Ausschlaggebend dafür ist, dass die Intervalldauer maßgeblich bestimmt wie hoch die Intensität in den Intervallen sein kann. Das gilt genauso für die Anzahl an Wiederholungen, bei der aus diesem Grund ebenfalls kein Optimum ermittelt werden kann. Eine wichtige Erkenntnis ist dennoch, dass höhere Gesamtbelastungszeiten innerhalb einer HIIT-Einheit und eine höhere Summe an HIIT-Einheiten auch zu höheren Anpassungen der Leistungsfähigkeit führen.

Weitgehende Übereinstimmung mit den Ergebnissen der präsentierten Meta-Analyse, gibt es in der Literatur zur optimalen Dauer der Entlastungsdauer von 50% der Intervalldauer für HIIT [3]. Möglicherweise wurde in der Praxis bisher der Entlastungsmodus weniger beachtet. Die Erholung kann für HIIT sowohl aktiv oder passiv gestaltet werden und ist für SIT sogar passiv zu bevorzugen. Passive Erholung ermöglicht eine schnellere Wiederherstellung kurzfristig verfügbarer Energiespeicher wie Kreatinphosphat und kann so maximale Belastung innerhalb von SIT unterstützen. Die Intensität der aktiven Erholung kann für beide Intervallformen nach subjektivem Gefühl gesteuert werden.

Es ist abschließend erwähnenswert, dass selbst in Rosenblats Untersuchung auf individueller Ebene auch starke Verbesserung bei kürzeren Intervalllängen zu beobachten waren und andere wissenschaftliche Publikationen den langfristigen Vorteil von abwechselnden Reizen [4,5] unterstreichen. Die Frage nach der richtigen Intervalllänge für HIIT ist sicherlich auch abhängig vom Anforderungsprofil des Wettkampfs, individuellem Leistungsniveau und der Ausprägung unterschiedlicher physiologischer Leistungsfaktoren. 

Die Inhalte basieren auf dem Originalartikel "Programming Interval Training to Optimize Time-Trial Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis", der 2021 in „Sports Medicine" veröffentlicht wurde.

Quellen

Rosenblat, M. A., Lin, E., Costa, B. R. da, & Thomas, S. G. (2021). Programming Interval Training to Optimize Time-Trial Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Medicine, 51(8), 1687–1714. https://doi.org/10.1007/s40279-021-01457-2

  1. Foster, C., Rodriguez-Marroyo, J. A., & de Koning, J. J. (2017). Monitoring Training Loads: The Past, the Present, and the Future. International Journal of Sports Physiology and Performance, 12(s2), S2-2-S2-8. https://doi.org/10.1123/IJSPP.2016-0388
     
  2. Haugen, T., Sandbakk, Ø., Enoksen, E., Seiler, S., & Tønnessen, E. (2021). Crossing the Golden Training Divide: The Science and Practice of Training World-Class 800- and 1500-m Runners. Sports Medicine. https://doi.org/10.1007/s40279-021-01481-2
     
  3. Rønnestad, B. R., Hansen, J., Vegge, G., Tønnessen, E., & Slettaløkken, G. (2015). Short intervals induce superior training adaptations compared with long intervals in cyclists—An effort-matched approach. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, 25(2), 143–151. https://doi.org/10.1111/sms.12165
     
  4. Kiely, J. (2012). Periodization Paradigms in the 21st Century: Evidence-Led or Tradition-Driven? International Journal of Sports Physiology and Performance, 7(3), 242–250. https://doi.org/10.1123/ijspp.7.3.242
     
  5. Casado, A., Hanley, B., Santos-Concejero, J., & Ruiz-Pérez, L. M. (2019). World-Class Long-Distance Running Performances Are Best Predicted by Volume of Easy Runs and Deliberate Practice of Short-Interval and Tempo Runs: Journal of Strength and Conditioning Research, 1. https://doi.org/10.1519/JSC.0000000000003176
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