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Studie

Entwicklung im Ausdauertraining – Aber wie?

Von Lucas Worth

Im Trainingsprozess werden Belastungsmerkmale, wie Intensität oder Umfang, immer wieder verändert um positive physiologische Anpassungen (z.B. Verbesserung der VO2max) und schlussendlich eine verbesserte Wettkampfleistung zu erzielen. Eine Entwicklung im Training wird dann über eine Veränderung in der Intensitätsverteilung sichtbar. Dies geschieht häufig über eine Erhöhung des Anteils an „low-intensity training“ (LIT; Grundlage) oder durch höheren Umfang im „moderate-/high-intensity-training“ Bereich (MIT/HIT). Diese Studie vergleicht die Effekte eines erhöhten LIT Anteils im Gegensatz zu einem erhöhten HIT Anteil über einen 8-wöchigen Zeitraum bei gut trainierten Langläufer*innen und Biathlet*innen. Beide Gruppen verbesserten sich in ihrer Wettkampfleistung (Laufen und Rollski), aber nur die Gruppe mit vermehrtem HIT Anteil verbesserte die VO2max.

Die Auswirkungen von mehr LIT vs. mehr HIT auf die Wettkampleistung und die VO2max

  • Sowohl eine Erhöhung des LIT Anteils als auch eine Erhöhung des HIT Anteils über einen 8-wöchigen Zeitraum führen zu einer gleichermaßen verbesserten Wettkampfleistung
  • Eine Erhöhung des HIT Anteils über einen kurzen Zeitraum kann effektiv für die Verbesserung der VO2max sein
  • TRIMP ist eine geeignete Methode, um Belastung quantifizierbar und vergleichbar zu machen

Hintergrund

Die richtige Verteilung von niedrig-, moderat- und hochintensiven Training (LIT; MIT; HIT) wird in der Sportwissenschaft schon lange diskutiert. Bei den meisten Ausdauer-Profis findet man in der Trainingspraxis häufig hohe Anteile an LIT, kombiniert mit moderaten bis geringen Anteilen an MIT und HIT. Die Aufteilung variiert in Abhängigkeit von der Sportart, individueller Bedürfnisse und der jeweiligen Trainingsphase [1]. LIT erzielt hierbei vor allem Verbesserungen in der Muskulatur (u.a. Erhöhung der Mitochondrien Anzahl und Kapillardichte), wobei HIT eher für zentrale Anpassungen am Herzmuskel (u.a. Erhöhung des Schlagvolumens) und somit auch für eine Verbesserung der VO2max verantwortlich gemacht werden kann. Beide Trainingsintensitäten erzielen also eine Vielzahl teils unterschiedlicher Anpassungen, sodass eine Kombination aus beiden Methoden für eine ideale Entwicklung der Ausdauerleistungsfähigkeit am besten geeignet scheint [2].

Eine Weiterentwicklung im Trainingsprozess oder Saisonverlauf wird häufig über eine Erhöhung des LIT oder MIT/HIT Anteils erzielt. Bisherige Studien zeigen, dass eine Erhöhung des HIT Anteils über einen gewissen Zeitraum bei gleichem Gesamtsauerstoffumsatz höhere Anpassungen erzielt [3]. Ein höherer Energie -und Sauerstoffumsatz kann allerdings auch durch einen deutlich erhöhten LIT Anteil erzielt werden und sogar eine tolerierbarere und praxisnähere Belastung darstellen, als die Erhöhung des HIT Anteils [4]. In dieser Studie wird daher die Belastung mittels Trainingsimpuls (TRIMP) abgestimmt und auf eine Angleichung des Sauerstoffumsatzes in den Gruppen verzichtet.

Methodische Herangehensweise

51 männliche und weibliche norwegische Langläufer und Biathleten (36 Männer; VO2max: 70,3±4,5 ml·min-1·kg-1; und 15 Frauen; VO2max: 56,0±3,4 ml·min-1·kg-1), welche auf nationaler Ebene Wettkämpfe bestreiten, nahmen an der Studie teil. Hierbei waren 41 Probanden Langläufer und 10 Probanden Biathleten.

Zunächst wurde eine standardisierte 8-wöchige Vorinterventionsperiode durchgeführt. Hierbei wurden alle Athleten angewiesen ein hohes LIT Volumen mit durchschnittlich einer MIT und einer HIT Einheit pro Woche zu absolvieren. Weiterhin wurden 2-3 Kraft- und Schnelligkeitsinhalte pro Woche entweder in die LIT Einheiten integriert, oder als separate Einheit durchgeführt. Im Anschluss wurden die Athleten in 2 Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe absolvierte über den nachfolgenden 8-wöchigen Interventionszeitraum einen höheren LIT Anteil (LIG; 26 Athleten), wobei die andere Gruppe einen erhöhten HIT Anteil durchführte (HIG; 25 Athleten). Alle Athleten dokumentierten in Abstimmung mit ihrem Trainer ihr Training und überführten diese Daten in ein norwegisches online Trainingstagebuch (Olympiatoppen). Um die Trainingsbelastung vergleichen und aufeinander abstimmen zu können, wurde die Methode TRIMP verwendet.

Die Trainingsimpulsmethode ermöglicht es die Trainingsbelastung anhand von Herzfrequenzdaten und der Einordnung in Zonen zu quantifizieren. Es wird hierbei in 3 Trainingszonen eingeteilt, wobei jede Zone unterschiedlich bepunktet wird:

Zone 1: Belastungsintensität unter der Schwelle (LIT), „niedrige“ Herzfrequenz = 1 Punkt

Zone 2: Belastungsintensität an der Schwelle (MIT), „mittlere“ Herzfrequenz = 2 Punkte

Zone 3: Belastungsintensität über der Schwelle (HIT), „hohe“ Herzfrequenz = 3 Punkte

Beispielsweise trainiert ein Athlet eine Stunde, wobei 40min in Zone 1, 15min in Zone 2 und 5min in Zone 3 absolviert werden. Hieraus ergibt sich dann folgende Berechnung für den TRIMP:

TRIMP= 40x1 + 15x2 + 5x3 = 85

Das Ausdauertraining wurde entweder spezifisch (Langlauf oder Rollski) oder unspezifisch (Laufen oder Radfahren) durchgeführt.

Weiterhin führten beide Gruppen vor und nach der Intervention jeweils einen Bergauf-Lauf (Testtag 1) als Marker für die Wettkampfleistung durch und absolvierten Labortestungen im Laufen (Testtag 2) und auf den Rollskiern (Testtag 3), um physiologische Veränderungen sichtbar zu machen. Die Distanz für den Bergauf-Lauf wurde bei den Männern auf 6,4km (270 Höhenmeter) und für die Frauen auf 4,5km (160 Höhenmeter) festgelegt.

Im Labor wurde zunächst eine Lauftestung durchgeführt, in Form einer submaximale Stufe mit 2min Erholung gefolgt von einem Rampentest bis zur Ausbelastung. An einem weiteren Tag wurde ein ähnliches Protokoll, nur dieses Mal auf Rollskiern durchgeführt. Hierbei wurden die Zeit bis zur Ausbelastung, die maximale Geschwindigkeit, Herzfrequenzverläufe, Atemgase (u.a. VO2max), subjektives Belastungsempfinden, Laktatwerte und die Bewegungsökonomie bestimmt. Ein schematisches Untersuchungsdesign wird in Abbildung 1 präsentiert.

Ergebnisse

Beide Gruppen verbesserten sich in der Wettkampfleistung (Bergauf-Lauf und maximale Geschwindigkeit bei der Ausbelastung im Labor). Es konnte kein Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt werden, was darauf hindeutet, dass beide Trainingsformen die Wettkampfleistung gleichermaßen positiv beeinflusst haben. Diese Erkenntnis konnten auch vorherige Studien bereits zeigen [5]. Auf individueller Ebene zeigt sich allerdings auch, dass mit einem höheren HIT-Anteil die Wahrscheinlichkeit für eine Verbesserung der Wettkampfleistung steigt.

Im Labor verbesserte die HIG ihre VO2max sowohl im Laufen, als auch in der sportartspezifischeren Belastung auf den Rollskiern (3% & 3,6%), während diese Werte in der LIG unverändert blieben (-0,7% & -0,1%). Bei einigen Werten aus den submaximalen Tests (u.a. %VO2max, %HRmax oder RPE) verbesserte sich die HIG ebenfalls stärker als die LIG, aber die Bewegungsökonomie stieg in beiden Gruppen gleichermaßen. Dies veranschaulicht deutlich, dass HIT ein sehr guter Reiz ist, um das kardiovaskuläre System effektiv in einem kurzen Zeitraum zu trainieren [6]. Nichtsdestotrotz ist hier eine individuelle Betrachtung der Athleten sinnvoll, da durchaus unterschiedliche Anpassungen stattgefunden haben. Teilweise konnten Athleten durch den erhöhten LIT Anteil eine gleiche, oder sogar stärkere Verbesserung der VO2max erreichen, was die Individualität der Anpassung an Training grundsätzlich verdeutlicht [7].

Verbindet man die Ergebnisse der Wettkampfleistung und der Laborwerte wird klar, dass die verbesserte Wettkampfleistung in der HIG tendenziell auf die Erhöhung der VO2max zurückzuführen ist. Die schnellere Endzeit der LIG kann eher durch eine Erhöhung der %VO2max, oder die Optimierung der Bewegungsökonomie erklärt werden. Diese Entwicklung könnte damit zusammenhängen, dass die LIG im Interventionszeitraum im Vergleich zur HIG deutlich mehr längere LIT Einheiten (> 150min) absolviert hat (10,3% vs. 2,3%).

Es konnte bezüglich des Trainings zwar kein Unterschied des wöchentlichen TRIMP Scores zwischen der Vorinterventionsperiode und der Interventionsperiode festgestellt werden, aber die Verschiebung der Intensitätsverteilung LIT/MIT/HIT wurde dennoch deutlich sichtbar. Die prozentuale Verteilung in der LIG blieb nahezu unverändert (76%/11%/13% vs. 80%/9%/11%), wohingegen die HIG deutliche Unterschiede aufzeigte (72%/11%/16% vs. 65%/7%/28%). Dies zeigt, dass auch bei ähnlichen Trainingsbelastungen (TRIMP Score), eine Veränderung der Intensitätsverteilung möglich ist. TRIMP scheint somit eine geeignete Methode zu sein, um Belastung quantifizierbar und vergleichbar zu machen [8].

Zusammenfassend wird hier aufgezeigt, dass in einem 8-wöchigen Zeitraum sowohl durch eine Erhöhung des HIT Anteils als auch des LIT Anteils eine Verbesserung der Wettkampfleistung (Laufen und Rollski) erzielt werden kann. Für die Erhöhung der VO2max scheint eine Erhöhung des HIT Anteils vorteilhaft.

Limitationen

Es ist zu berücksichtigen, dass in dieser Studie nur ein Interventionszeitraum von 8 Wochen durchgeführt wurde. Über eine langfristige Entwicklung der Wettkampfleistung und physiologischer Anpassungen kann keine Aussage getroffen werden.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Effects of Increased Load of Low- Versus High-Intensity Endurance Training on Performance and Physiological Adaptations in Endurance Athletes", die 2021 im „International Journal of Sports Physiology and Performance" veröffentlicht wurde.

Quellen

Talsnes, R. K., van den Tillaar, R., & Sandbakk, Ø. (2021). Effects of Increased Load of Low- Versus High-Intensity Endurance Training on Performance and Physiological Adaptations in Endurance Athletes, International Journal of Sports Physiology and Performance https://journals.humankinetics.com/view/journals/ijspp/aop/article-10.1123-ijspp.2021-0190/article-10.1123-ijspp.2021-0190.xml

  1. Seiler, S. (2010). What is Best Practice for Training Intensity and Duration Distribution in Endurance Athletes? International Journal of Sports Physiology and Performance, 5(3), 276-291. https://journals.humankinetics.com/view/journals/ijspp/5/3/article-p276.xml
     
  2. Laursen P. B. (2010). Training for intense exercise performance: high-intensity or high-volume training? Scandinavian journal of medicine & science in sports, 20 Suppl 2, 1–10. https://doi.org/10.1111/j.1600-0838.2010.01184.x
     
  3. Helgerud, J., Høydal, K., Wang, E., Karlsen, T., Berg, P., Bjerkaas, M., Simonsen, T., Helgesen, C., Hjorth, N., Bach, R., & Hoff, J. (2007). Aerobic high-intensity intervals improve VO2max more than moderate training. Medicine and science in sports and exercise, 39(4), 665–671. https://doi.org/10.1249/mss.0b013e3180304570
     
  4. Seiler, S., Tønnessen, E. (2009). Intervals, thresholds, and long slow distance: the role of intensity and duration in endurance training. Journal of Sport Science, 2009;13:32–53.
     
  5. Ingham, S. A., Carter, H., Whyte, G. P., & Doust, J. H. (2008). Physiological and performance effects of low- versus mixed-intensity rowing training. Medicine and science in sports and exercise, 40(3), 579–584. https://doi.org/10.1249/MSS.0b013e31815ecc6a
     
  6. Sylta, Ø., Tønnessen, E., Hammarström, D., Danielsen, J., Skovereng, K., Ravn, T., Rønnestad, B. R., Sandbakk, Ø., & Seiler, S. (2016). The Effect of Different High-Intensity Periodization Models on Endurance Adaptations. Medicine and science in sports and exercise, 48(11), 2165–2174. https://doi.org/10.1249/MSS.0000000000001007
     
  7. Vesterinen, V., Häkkinen, K., Laine, T., Hynynen, E., Mikkola, J., & Nummela, A. (2016). Predictors of individual adaptation to high-volume or high-intensity endurance training in recreational endurance runners. Scandinavian journal of medicine & science in sports, 26(8), 885–893. https://doi.org/10.1111/sms.12530
     
  8. Muñoz, I., Seiler, S., Bautista, J., España, J., Larumbe, E., & Esteve-Lanao, J. (2014). Does polarized training improve performance in recreational runners? International journal of sports physiology and performance, 9(2), 265–272. https://doi.org/10.1123/ijspp.2012-0350
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